Beratung zwischen Subjektstärkung und Optimierungszwängen

Die Zeiten ändern sich – und mit ihr die Schulberatung, wie ich in meinem neuen Aufsatz Steuerung optimiert – Beratung und Subjekt tot? zu zeigen versuche. Obwohl es in vielerlei Hinsicht „aufs Subjekt ankommt“, soll es gemäß Standards funktionieren. Und mit ihr die Schulberatung. Zumindest mancherorts. Wachsamkeit ist angesagt.

Nicht nur Schule, sondern auch die ihr nachgelagerte Schulberatung steht unter Veränderungsdruck. So widersprüchlich, schlecht vorbereitet und umgesetzt die Reformen erscheinen mögen, verfolgen sie doch einen Zweck. Sie sind Stationen der Wende zur unternehmerischen Schule, die wie ein Betrieb geführt wird. Die »Employability« am Markt soll der Zweck von Schule sein, nicht der den Menschen »bildende« Prozess im Sinne von Verstehen und kritischer, eigenständiger Urteilsfähigkeit.
Es gilt, im Sinne einer betrieblichen Restrukturierung Kosten einzusparen und die Schule zu rationalisieren. Ihre Ergebnisse sollen standardisierbar und abrechenbar sein. Aber es ist noch komplizierter. Da es nicht um prüfbare Wirtschaftlichkeit geht, sondern darum, einen Glauben (des Ökonomismus) zur Wirklichkeit zu machen (Vgl. Jochen Krautz: Bildungsreform und Propaganda), werden Sach- und Fachfragen pädagogischer und psychologischer Art nachrangig. Einer empirischen Überprüfung des Nutzens der Marktgesellschaft für die Wohlfahrt der Bevölkerung halten die modernen Konzepte nicht stand. Die rasant wachsende Ungleichheit (Hans-Ulrich Wehler: Die Explosion der Ungleichheit), an der Schule beteiligt ist, lässt das Land erodieren.
Von einer Lehr-Lernkultur, in der Schule ein Ort der Begegnung ist, in der es Raum und Interesse gibt, Persönlichkeit möglichst umfassend zu entwickeln, ist nicht mehr oder nur noch pro forma die Rede. Die in der modernisierten Schule fehlenden Reflexions- und Koordinierungszeiten sind ein Hinweis darauf, dass sie den reflektierenden, kommunizierenden, revidierenden (also lernenden), entwickelnden Menschen nicht im Sinn hat. Diese Strategieverschiebungen bleiben nicht ohne Folgen für Schulpsychologie und Schulberatung

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