„Maulkorb von der Stadt“

Schule der Öffentlichkeit entziehen – wie demokratisch ist das denn?

Die GEW-Hamburg hatte einen Plan. Sie wollte unter Teilnahme von Lehrern, Eltern und Schülern den Stand der Dinge in Sachen Inklusion vor dem Rathaus öffentlich machen. Die Schule in den öffentlichen Raum tragen. Das kann man nachvollziehen – ist doch die Ausstattung  dieser Reform (fraglich, ob es eine Reform zum Besseren ist) umstritten. Ebenso umstritten ist, welches Verständnis von Inklusion die Behörde hat. Und schließlich geht Schule alle an – oder?

So viel Öffentlichkeit ging der Behörde zu weit, obwohl doch bei dem Projekttag auch davon die Rede sein sollte, was alles schon erreicht worden sei. Sie verbot diesen Projekttag. Der Pressesprecher der Behörde sagte laut taz, Schulen dürften selbstverständlich Projekttage durchführen, nur sich eben nicht „politisch betätigen“.

Im Newsletter der Behörde vom 7.10 – ansonsten nicht verlegen um pr-geübtes Preisen der Schulpoltik – war von der Sache nichts zu lesen.

Dank der taz darf man erfahren, was Teil der Kritik sein könnte

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Für Beratung wird es eng …,

… zumindest für diejenigen, die unter Beratung eine prozessorientierte, personennahe, ergebnisoffene, weisungsunabhängige Unterstützung verstehen

Wie hier schon mehrfach beschrieben und beklagt ist der obengenannte Beratungsansatz in der Hamburger schulbezogenen Beratung gefährdet. Konzeptionelle Schwächen, fehlendes Wissen über Nutzen und Rahmenbedingungen prozessorientierter Beratung sowie ein der Diskussion unzugänglicher Rausch der Funktionalisierung sind dafür verantwortlich. Ich beschreibe das noch einmal in dem Aufsatz Subjektorientierte Beratung in der Krise

Darin ist noch nicht berücksichtigt, dass  den Beratungsabteilungen der ReBBz mit einer neuen Dienstanweisung die Bearbeitung der Anträge auf Schulbegleitung zugewiesen wurde. Damit liegen die Gewährung oder Nichtgewährung von Hilfen einerseits und freie, unabhängige Beratung andererseits in einer Institution – beratungstheoretisch ein Unding.

Dabei war (und ist, sofern sie noch respektiert ist) unabhängige, weisungsungebundene Beratung gerade auch bei öffentlichen Trägern (jeder sollte sie sich leisten und Zugang zu ihr haben können) ein Fortschritt und gesellschaftlicher Konsens (vgl. Katharina Gröning). Weiterlesen „Für Beratung wird es eng …,“

Die neoliberalen Deformen in Schule werden nicht erkannt

Im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Bereichen verlaufen Entwicklungen in der Schule zeitverzögert. Während vielerorts Kritik am neoliberalen Denken und Handeln nicht mehr zu leugnen ist, ist diese Kritik in der Schule noch längst nicht angekommen. Zum einen, weil neoliberale Veränderungskonzepte, die vor 15 bis 20 Jahren angestoßen wurden, erst jetzt in die Schule Einzug halten, und zum anderen, weil sie als solche nicht erkannt werden. Denn es gelingt den entsprechenden »Reformbemühungen«, sich notwendige Veränderung und berechtigte Kritik an den bestehenden schulischen Zuständen zunutze zu machen. So wird Schule zu einer maßgebenden Agentur des Neoliberalismus, und es besteht die Gefahr, auf dem Weg über Bildung und Erziehung Gesellschaft noch langfristiger zu durchdringen und generationenübergreifend zu prägen.

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Ohne Vertrauen in die Lehrerschaft keine Qualität

Im vergangenen Jahrzehnt meinten die Schulbehörden, Qualität ließe sich durch Kontrolle und Standardisierung herstellen. Zwar wurde viel davon geschrieben, es ginge um den Aufbau einer Vertrauenskultur. Auf der Ebene der Steuerung, der Aufteilung von Arbeitszeiten, der Arbeitszeitkontrolle kann man eher sagen, dass eine Misstrauenskultur entstand. De facto reduzierten die Verwaltungsebenen den fachlichen Austausch in den Kollegien. Die Möglichkeiten für gemeinsame Reflexion in kollegialen Fallbesprechungen oder in Supervision nahmen in Zeiten des Vorrangs der Unterrichts ab. So kam es zu einer Polarisierung: Unterricht statt Schulentwicklung. Dazu schreibt Adolf Bartz in der NDS (Neue Deutsche Schule), der Zeitschrift der NRW-GEW.

 

Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (VI)

Welchen Nutzen kann Beratung haben?

Eine Hilfe bei der Widerspruchs- und Spannungsverarbeitung können Beratungssysteme sein. In der Tat ist institutionalisierte Beratung als Reaktion auf die Unübersichtlichkeit der Moderne entstanden. Sie hat einen aufklärerischen, demokratischen Impuls: Die Subjekte sollen durch Beratung in ihrer Urteilsbildung und Handlungsfähigkeit gestärkt werden, jenseits von Zuschreibungen einer Krankheit oder Störung. Dazu müssen einige Minimalanforderungen erfüllt sein. Die Beratungsinstitution und ihre Mitarbeiter selbst benötigen einen Rahmen, in dem sie theoretisch und praktisch jenseits der Zugehörigkeit zu »ihrem Haus« (im Falle einer Schulberatungsstelle oder einer schulpsychologischen Beratungsstelle beispielsweise zur Schulbehörde; im Falle eines Beratungslehrers zur Schule) unabhängig, allparteilich und neutral sein können. Beratung muss ergebnisoffen sein können, so sehr manchen Entscheider, der doch nur will, dass die Dinge funktionieren, das verdrießen mag. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (VI)“

Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (V)

Widerspruchserfahrung – Bewusstsein – Handeln

Es ist unschwer erkennbar: Die Beschäftigten in Schule und Beratung sind mit zahlreichen Widersprüchen konfrontiert. Eigene wie auch von außen gestellte Ansprüche laufen dauernd Gefahr, verfehlt zu werden. Wie verarbeiten sie diese Dissonanz und welche Folgen hat das? Nur in den seltensten Fällen sind solche Dissonanzen Anlass zu kollegialer, gemeinsamer Klärung und zur Bearbeitung über Verantwortungsebenen hinweg. Die Verarbeitung geschieht in der Regel isoliert, privatisiert. Lösungen können gelingen, aber auch in Überforderung und Verzweiflung münden. Oder in kräftezehrender oberflächlicher Anpassung – mit neuen Risiken. Unterricht und Erziehung sind auf gefestigte, rollensichere, glaubwürdige Persönlichkeiten mit der Fähigkeit zu Einfühlung und Beziehung angewiesen. Rollensicherheit und Glaubwürdigkeit sind allerdings in Gefahr, wenn unaufgelöste Widersprüche (und Ängste) durch die schulischen Systeme flottieren. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (V)“

Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (IV)

Widersprüche ohne Verarbeitung

Die Beschäftigten sollen zwar einerseits loyal, dauerhaft und zuverlässig Ziele verfolgen, kein Kind zurücklassen, deren individuellen Fähigkeiten, Lebenslagen und Notwendigkeiten nachgehen, mit internen und externen Personen und Systemen kooperieren. Gleichzeitig aber sollen sie sich den von außen gesetzten Veränderungen (Verkürzung der Schulzeit, Kopfnoten und ihre Rücknahme, Verlängerung von Arbeitszeiten, erweiterte Aufgaben) klaglos anpassen und in der Lage sein, sich von »alten« Aufgabe zu verabschieden. So sind sie nicht selten gezwungen, das eine oder das andere zu ignorieren und individuelle Auswege zu suchen, um mit inneren Konflikten fertig zu werden. Die selbstgestellten, wie auch die fremdgestellten Ansprüche können oft nicht in die neuen Forderungskataloge eingearbeitet werden. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (IV)“

Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (III)

Aufgabe der Schule

Schule hat die Aufgabe, aus dem Nachwuchs nützliche Mitglieder der Gesellschaft zu machen und den Arbeitskräftebedarf zu befriedigen. Aber nach welchen Prinzipien ist diese Gesellschaft konstruiert, nach welchen Prinzipien funktioniert sie – woraus sich dann ableitet, wie ein nützliches Mitglied der Gesellschaft beschaffen sein soll?

Antworten könnten so lauten: Schule führt in das Wirtschaftssystem ein, gewöhnt an das Konkurrenzdenken, sie objektiviert Bildungskarrieren, Zertifizierungen, Zugehörigkeiten und Ausschlüsse als gerecht und transparent. Sie schafft Ordnung und sie zeigt: Unter vorgegebenen und zu befolgenden Regeln und Verfahren ist Schule eine Möglichkeit der Teilhabe an der Gesellschaft. Schule ist Spiegel und Spielplatz der Gesellschaft und ihrer Werte. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (III)“

Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (II)

Individualisierungskonzepte – Wege zur Emanzpation?

Ein weiteres Thema der Schule und der Beratungseinrichtungen sind Strategien der Individualisierung. Sie erscheint in den Konzepten »neuen« Lehrens und Lernens als Königsweg des Lehrerhandelns und die Berater sehen Möglichkeiten, mit ihrem auf das Individuum gerichteten Blick einen höheren Stellenwert zu gewinnen.

Allerdings: Individualisierungskonzepte sind nicht automatisch das Programm für Persönlichkeitsentwicklung. In der Regel scheint gemeint zu sein, Schüler und Schülerinnen mit unterschiedlichen Lernständen jeweils differenziert zu fordern und zu fördern. Weniger ist gemeint, die spezifische Emotionalität und Identität, einer Schülerin oder eines Schülers, wie sie sich aus der Lebens- und Familiengeschichte entwickeln, in das Lernen einzubeziehen, gegebenenfalls mit externen Experten.

Gleichermaßen ließe sich daran denken, stärker die persönlichen Vorerfahrungen der Lehrkräfte für die Art der Beziehungsgestaltung zu den Schülern und Schülerinnen und für den Schulentwicklungsprozess zu berücksichtigen. Psychologische (und anders basierte) Reflexion in Teams von Lehrern und Lehrerinnen böten Ansätze, Gruppen- und Psychodynamiken in Lerngruppen zu entschlüsseln und dem Begriff der Individualisierung weitere Varianten hinzuzufügen. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (II)“