Sind schulpsychologische Kompetenzzentren ein Ausweg aus der Marginalisierung der Schulpsychologie?

In Baden Württemberg schon seit einigen Jahren, in Hessen seit kürzerer Zeit, gibt es  »Schulpsychologische Kompetenzzentren«

Im günstigen Fall wären sie ein Ort der Reflexion, des Austausches und auch der Kontroverse. Diese müsste ihren Platz haben dürfen, denn schulische, kommunalpolitische und ministerielle Logiken weisen andere Logiken auf, als die menschlicher und organisationeller Logik. Darüber muss man sprechen und nachdenken dürfen — ansonsten wäre ein Kompetenzzentrum eine weitere Maschinerie zur Umsetzung von Konzepten der Funktionalisierung und Anpassung, sowohl der Psycholog’inn’en, Lehrer’innen und Schüler’innen.
Die Themenpalette und einige Veröffentlichungen auf den Websites der Kompetenzzentren lassen die Hoffnung keimen, dass sie ein Ort der Revitalisierung der Schulpsychologie und der Professionalisierung von Beratung sein könnten.

Zum Kompetenzzentrum Hessen

Zum Kompetenzzentrum Baden-Württemberg

Literaturhinweise für den aufgeweckten Berater und die aufgeweckte Beraterin

Hier wurden schon mehrfach die

Beiträge der »Gesellschaft für Bildung und Wissen«

(siehe Linkliste rechts) erwähnt. Nun haben einige ihrer Mitglieder Beiträge in einem Buch zusammengefasst: Weniger ist weniger. Der stellvertretende Geschäftsführer der Gesellschaft hier in einem Interview

Nicht minder bedeutsam scheint mir das neue Buch von Katharina Gröning.

Sie befasst sich mit der merkwürdigen Situation, dass seit vielen Jahrzehnten sich Beratung in nichtklinischen Zusammenhängen mehr oder weniger stark einer therapeutischen Orientierung bedient. Ich vermute, dass das einer der Gründe für die relative Schwäche von Beratung, für eine Schwäche der „Community“ ist und zu einer Schwächung des Ansehens von Beratung durch die „haltenden“ Institutionen beiträgt. Katharina Gröning stellt dem eine Sozialwissenschaftlich fundierte Beratung in Pädagogik, Supervision und Sozialer Arbeit“ gegenüber.

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Für psychoanalytisch orientierte Berater/innen

und für solche, die sich mit den Wirkungen von Vorgaben und Richtlinien auf die Praxis befassen wollen, könnte Wie viel Richtlinie verträgt die Psychoanalyse? Eine kritische Bilanz nach 50 Jahren Richtlinien-Psychotherapie von Interesse sein.

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Der Zusammenhang von Psyche und Ökonomie

wird in dem von Almuth Bruder-Bezzel, Klaus-Jürgen Bruder, Karsten Münch herausgegebenen Buch »Neoliberale Identitäten der Einfluss der Ökonomisierung auf die Psyche« erörtert.

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Die Angst vor der Bedeutungslosigkeit

dürfte uns nicht unbekannt sein. Carlo Strenger macht sie zum Thema

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Wie werden Gefühle wahrgenommen,

und wie trägt eine spezielle Abtrennung von Wahrnehmung und Handeln zu einer Lähmung bei? Franz Witsch: Die Politisierung des Bürgers, 4.Teil: Theorie der Gefühle, Beiträge zur Wahrnehmung und Produktion sozialer Strukturen gibt Aufschluss.

Das war das Leseprogramm für den Rest des Jahres.

Schulpsychologie als Unterstützungssystem für Schule

Anfang der 1990 er Jahre wurde in der deutschen Schulpsychologie heftig diskutiert. Sollte sich die Schulpsychologie damit zufrieden geben, die Schäden, die Schule am Kind anrichtet, am Kind zu reparieren? Oder sollte sie nicht ihr Potenzial für die Entwicklung der Schule, für die Unterstützung der in ihnen arbeitenden Lehrer nutzen? Die Beantwortung der zweiten Frage mit einem Ja löste den so genannten Paradigmenwechsel der Schulpsychologie aus. Er wurde in den Bundesländern unterschiedlich aufgegriffen. Die Zeiten dafür waren nicht schlecht. In vielen Kultus- und Schulministerien waren Einsicht und der politische Wille vorhanden, dass Schule als System einen erheblichen Entwicklungsbedarf hatte und dass es auch darum gehen sollte, die Rolle von Person und Persönlichkeit im pädagogischen Prozess anzuerkennen. Und somit auch der Schulpsychologie einen Platz einzuräumen. Lehrerberatung, Supervision und ähnliche Beratungsformen gehörten damit in vielen Ländern zum Spektrum schulpsychologischer Angebote. Damit öffnete sich die Schulpsychologie auch deutlicher als zuvor zu Fachrichtungen der Organisations-, Sozial- und Arbeitspsychologie.

Eine neue Entwicklung gegenüber dem Beginn der 90 er Jahre ist, dass Schule und Schulpsychologie mehr und mehr im Sinne des Wirschaftsstandorts Deutschland ausgerichtet und funktionalisiert werden. Die Fremdorientierung an „Employability“ und Betriebswirtschaflichkeit im Sinne der aktuellen Kriterien wirtschaftlicher Nützlichkeit schafft heute wieder neue Bedingungen. Die emanzipatorischen Ansätze des Paradigmenwechsels sind heute gefährdet durch „Unverständnis“ für die unterschiedlichen Belange und Aufgaben von Beratung und Schule. Das aber ist ein anderes Thema.

Den Artikel von Helmut Heyse aus dem Jahre 1992, erschienen in der Zeitschrift Pädagogische Führung des Luchterhand-Verlags, habe ich bei Aufräumarbeiten entdeckt. Wenn es Einwände gegen die Veröffentlichung gibt, bitte ich um Nachricht.

Überlegungen zur Inklusion

Lange gab es hier nichts Neues zu lesen. Obwohl doch einiges an Lesenswertem in diversen Zeitungen erschien. Ich bastele an einem neuen Artikel. Es gab viel Fußball und einiges andere mehr, womit man sich beschäftigen kann, wenn man seinen Blog nicht gerade auffüllen will.
In der „Welt“ erschienen in den letzten Tagen zwei Artikel, die mir recht gut wiederzugeben scheinen, was bei der Umsetzung der Inklusion viele Lehrer an den Rand der Überforderung bringt.

Artikel 1

Artikel 2

Ich teile nicht alles, was in den Artikeln steht. Was mir aber Fakt zu sein scheint, ist, Weiterlesen „Überlegungen zur Inklusion“

Gute Beratung zwischen Hybris und Bescheidenheit

BeraterInnen über sich, ihre Arbeit und ihren Anspruch an Professionalität, herausgegeben von Helmut Hallier, im Leutner-Verlag, 2013

Ein Buch, welches einen anderen Blick ins Beratungsgeschehen ermöglicht. Einen Blick, jenseits der mehr oder weniger angepriesenen Trainings, Ausbildungen und wohlfeilen Selbstdarstellungen. Die Artikel sind wohltuend persönlich und selbstkritisch. Sie räumen mit der Vorstellung auf, gute Beratung sei durch Beherrschung von Techniken zu bewerkstelligen. Der angehende und der erfahrene  Berater erfährt, dass es wohl nicht zuletzt Ängste,  Scheiternserfahrungen, gekränkter Narzissmus sind, die – vermittelt über Stufen der Reflexion, für sich allein und mit anderen – ein Band zum Klienten, zum Ratsuchenden und zu erhellenden Schlussfolgerungen knüpfen können. Hier wird eine Grundlage der Empathie gelegt, die helfen kann, Verunsicherung, Scham und Angst zu überwinden. Diese Haltung ist geeignet, Integrität zu schaffen – und damit einen Gegenpol zu den verführerischen Versprechungen, die nicht selten in der Beratungsbranche zu hören sind. Mit den Artikeln dieses Buches wird es einem leichter gemacht, sich vorzustellen, was es mit dem Subjekt und der Subjektiviät auf sich haben könnte – bei sich selbst und bei anderen. Weiterlesen „Gute Beratung zwischen Hybris und Bescheidenheit“

Arbeitswelt der Lehrer – Lehrkräfte stärken

Die GEW Hamburg veröffentlichte kürzlich eine Studie über die Belastungen der Lehrkräfte. Eine Konsequenz, die sie daraus zog,  ist die Forderung „Lehrkraft stark machen“. Dazu der taz-Bericht.

Lehrkräfte zu stärken ist auch auf dem Weg möglich, Beratungssysteme mehr und mehr als Unterstützungssysteme für Lehrkräfte zu begreifen. Dieser Ansatz ist in Hamburg nur schwach entwickelt. Die REBUS sollten für solche Aufgaben weiterentwickelt und in Anspruch genommen werden, wie in anderen Bundesländern geschehen (z.B. NRW und Baden-Württemberg). Starke Lehrer/innen sind ein Segen für die Kinder. Aus fehlender Gelegenheit, aus Missverständnis, aus Überforderung und Zeitmangel entsteht oft genug der einseitige Schluss, die Schüler brauchten Hilfe. Die brauchen sie sicherlich auch. Aber denen ist auch damit geholfen, wenn Lehrkräfte sich reflektierter und kollegial mit ihrer Berufspraxis auseinandersetzen können. Selbstverständlich brauchen sie dafür Zeit und Gelegenheit. Das gegenwärtige Arbeitszeitmodell hat im Lauf der Jahre die Spielräume der Lehrer immer mehr eingeengt.

 

Spannungsverhältnisse der Beratung zwischen Psychologie und Pädagogik

Dass es Unterschiede zwischen Psychologie, psychologischer Beratung einerseits und Pädagogik andererseits gibt, dürfte der Grund sein, dessentwegen Psychologie in die Schule geholt wurde. Offensichtlich verkörpert sie etwas, was Pädagogik oder Schulpädagogik nicht aufzuweisen haben. Bisher (in Hamburg bis zur Auflösung der Schülerhilfe) hat(te) Schulpsychologie eine relativ eigenständige Position gegenüber der Schule und gegenüber der Schulbehörde. Und dort, wo sie sich eigenständig und in verantwortlicher Verknüpfung mit Behörde etablieren konnte (wie in einigen Bundesländern), leistet sie konstruktive Beträge zu Persönlichkeits-, Lern- und Schulentwicklung. Weiterlesen „Spannungsverhältnisse der Beratung zwischen Psychologie und Pädagogik“

Ohne Vertrauen in die Lehrerschaft keine Qualität

Im vergangenen Jahrzehnt meinten die Schulbehörden, Qualität ließe sich durch Kontrolle und Standardisierung herstellen. Zwar wurde viel davon geschrieben, es ginge um den Aufbau einer Vertrauenskultur. Auf der Ebene der Steuerung, der Aufteilung von Arbeitszeiten, der Arbeitszeitkontrolle kann man eher sagen, dass eine Misstrauenskultur entstand. De facto reduzierten die Verwaltungsebenen den fachlichen Austausch in den Kollegien. Die Möglichkeiten für gemeinsame Reflexion in kollegialen Fallbesprechungen oder in Supervision nahmen in Zeiten des Vorrangs der Unterrichts ab. So kam es zu einer Polarisierung: Unterricht statt Schulentwicklung. Dazu schreibt Adolf Bartz in der NDS (Neue Deutsche Schule), der Zeitschrift der NRW-GEW.

 

Von Löwen und Füchsen

Der Hanser Verlag veröffentlichte  ein Büchlein des Soziologen Heinz Bude: Bildungspanik —  Was die Gesellschaft spaltet. Hier einige Anmerkungen dazu:

Heinz Bude beginnt sein kleines Buch damit, dass er zwei sich unversöhnlich gegenüberstehende Lager kennzeichnet. Da seien zum einen die, die klassenmäßige Privilegien verteidigten und zum anderen diejenigen, die prüften, ob man sich als Feind oder Freund der eigenen Kinder oute. Angesichts solcher Unversöhnlichkeit zieht der Autor den Schluss, dass eine dritte Position äußerst dringlich sei. Wer sich nun erhoffte, im Laufe des Textes werde sie erkennbar, sieht sich getäuscht. Oder sollte das Schlusskapitel diese Lösung darstellen? Darin plädiert Bude für Entspannung. Es ist die Demografie, die Erlösung verschafft. Da klappt man am Ende baff und seufzend das Buch zu, nachdem man doch einige anregende Zuspitzungen gelesen hatte. Weiterlesen „Von Löwen und Füchsen“

Das Ende der Reformpädagogik? Die Odenwaldschule auf dem Prüfstand

Ein lesenswertes Manuskript von Ulrich Herrmann

In dem Manuskript einer SWR-Radiosendung schaut Ulrich Herrmann noch einmal genau hin. Er macht deutlich, dass die Debatte um Missbrauch an Reformschulen auch den Aspekt gehabt haben könnte, ein pädagogisches Konzept zu beschädigen. Und gleichzeitig scheut sich der Autor nicht, einige Mängel und Nachlässigkeiten der Reformpädagogik aufzuzeigen.  Hier ein erstes Zitat und dann der Link zum Artikel: Weiterlesen „Das Ende der Reformpädagogik? Die Odenwaldschule auf dem Prüfstand“