Maske und Maskenpflicht zwischen Verbot der Gesichtsverhüllung und Gesundheitsschutz

Manchen gilt die Maske als Demutsgeste und Einverständniserklärung mit der Regierungspolitik (und lehnen sie ab), anderen gilt sie als ein leicht zu nutzendes Mittel, wenigstens „etwas“ gegen die Pandemie tun zu können. Zwischen fraglicher Evidenz, Solidaritätbekundung mit den Gefährdeten und Belastung für Träger’innen tun sich zahlreiche Widersprüche auf. Christof Kuhbandner hat sich mit den Empfehlungen der Regierungen für die Maske, den möglichen Folgen für Träger’innen und den negativen Folgen einer Gesichtsverhüllung, wie Regierungen sie einst formulierten, befasst.

Übrigens befasst sich Christof Kuhbandner (ebenfalls bei Heise.de) in mehreren Artikeln mit den methodischen Unzulänglichkeiten und Schwächen der Datenerhebung zu Corona und ihrer Kommunikation in die Öffentlichkeit befasst. Nützlich für alle, die sich mit Statistik und ihren Methoden befassen (müssen).

»Warum wir den Mut brauchen, psychische Erkrankungen wieder in ihrem gesellschaftlichen Gesamtkontext zu sehen.«

heißt es im Artikel, auf den hier verlinkt wird.

Erfreulich, dass ein Artikel, der sich gegen die Gesellschaftsblindheit der Psychologie und Psychiatrie wendet, an prominenter Stelle, wie Spektrum, erscheinen kann.

Um so bedauerlicher, dass ein Denken dieser Art in deutschen Studiengängen, geschweige denn in Schulbehörden nur schwer zu finden ist.

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Unter den fünf, für das Ausstellen einer Depression erforderlichen Symptomen, muss gemäß DSM-5 zwingend eins der beiden Hauptsymptome auftauchen: Depressive Stimmung oder Verlust von Interesse und Freude.[1] Ist dies nicht der Fall, so ist es der Definition nach auch keine Depression. Für die Diagnose ist dabei die Ursache der Symptome unerheblich, es kommt lediglich auf ihre Präsenz oder Abwesenheit an. Dies macht es auch nebensächlich, ob die Symptome inmitten einer schweren Lebenskrise auftreten oder ohne äußeren, erkennbaren Grund. In beiden Fällen gilt die Person als depressiv erkrankt, diagnostiziert mit einer psychischen Störung.

An markanten Beispielen, wie der Deutung psychischer Erkrankungen von Frauen, zeigt die Autorin, wie zeit- und gesellschaftsgebunden psychologische Diagnostik sein kann:

Aus heutiger Sicht auf damalige Verhältnisse ist wohl allen klar, dass die Umstände an den Pranger gestellt werden müssen, nicht die Frauen selbst. Es wäre fatal, wenn jene Hausfrauen sich still und leise mit der Krankheit Depression identifiziert hätten, anstatt für bessere Lebensbedingungen auf die Straße zu gehen.

Lesenswert.

Blick in die unteren Klassen

Wovon reden wir, wenn wir von den bildungsfernen Schichten reden? Wenn wir etwas von ihnen verstehen, was bleibt übrig, wenn wir damit beschäftigt sind, Schülerinnen und Schüler in die bestehende Ordnung hineinzuprozessieren?

Hier eine kleine Presseschau

Der Stolz der Arbeiterklasse

Das Existenzminimum ist ein Minimum ist ein Minimum

Die Grenzen der Freiheit

Die sozial geformte Individualisierung

Depression – das erschöpfte Selbst. Eine Ausstellung

In Hamburg gibt es für wenige Wochen eine Ausstellung — Krankheit als Metapher —, die Depression und ihre Entstehung in einen sozialen Kontext stellt. Der Bericht in der taz ist informativ und anregend. Im Unterschied zu den gängigen Interpretationsweisen, wie sie nicht zuletzt in Schule eine Rolle spielen, gilt der diagnostische und therapeutische Blick nicht allein dem überforderten Individuum. Auf die Einengungen und Unzulänglichkeiten des Depressionsbegriffs bin ich hier schon einmal eingegangen.

Macht das Leben in der Stadt psychisch krank?

Immer mehr Menschen leben in Städten. Und immer mehr Menschen in Städten sind psychisch krank. Stressfaktoren, die in Städten bedeutsamer zu sein scheinen als auf dem Land sind Enge, Angst vor Ausgrenzung, Verlust an Kontrolle über das eigene Leben. Welche Möglichkeiten gibt es Städte stressfrei(er) zu gestalten? Diesen Fragen geht eine Sendung des Deutschlandradio Kultur nach. Man kann die Sendung nachhören und nachlesen.

Die Homogenisierung der Welt

Was ist gesund und reif – und wer?

Die fünfte Version des DSM – Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders – steht vor ihrer Veröffentlichung. Götz Eisenberg setzt sich kritisch mit dem DSM auseinander, welches nicht nur in der Psychiatrie  Wirkung entfaltet. Vielfach orientieren sich auch Psychologen und andere Beratungsberufe an diesem Konzept. Durchaus zu unrecht und jedenfalls mit problematischen Folgen. Hier ein kurzer Auszug aus seinem Kommentar:

Unter der befriedeten Oberfläche unseres Alltagslebens vollzieht sich ein permanenter Krieg, der umso beschwerlicher ist, als er sich nicht genau bestimmen lässt. In Form von Nervosität, Ärger und Gereiztheit werden wir vom Alltag pausenlos mobilisiert, aber für eine unsichtbare Schlacht und gegen einen Feind, der sich schwer ausmachen lässt. Herrschaft tarnt sich als Technik, Ausbeutung und Unterdrückung verstecken sich hinter Marktgesetzen und Sachzwängen. Wir haben es nicht mit einem einzelnen Gegner zu tun, sondern mit tausend undeutlichen Widrigkeiten, auf die unser Körper ganz von allein reagiert, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Unser Leben ist zugleich unruhig und monoton, wir sind erschöpft und gleichzeitig stößt uns nichts zu. Der Stress ist ein sprachloser Schmerz, der keine Geschichten macht und keine Ideen schenkt. Depressiv wird, hat Sloterdijk einmal gesagt, „wer Gewichte trägt, ohne zu wissen wozu.“

 

Langsame Prozesse

Die gesellschaftlichen Verhältnisse verändern sich – was tun die Professionellen?

Im Anschluss an den Kongress »Sozialpsychologie des Kapitalismus – zur Aktualität Peter Brückners« Anfang März 2012 fand ich einige interessante Artikel, die auch im Netz verfügbar sind. Klaus-Jürgen Bruder eröffnete den Kongress. Von Klaus-Jürgen Bruder gibt es hier weitere interessante Artikel, die auch für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen und ihre Praxis interessant sein könnten: Sie befassen sich mit »Verdrängung der Frage nach dem Sinn«, mit Psychotherapie und Markt, Subjektvorstellungen.

„Ein Land – drei Generationen“. Eine Rezension

Helmut Becker-Behn hat gelesen, ist beeindruckt – und er berichtet davon. Es geht um das Buch
„Ein Land – drei Generationen“ von Wolfgang Schmidbauer aus dem Jahre 2009.

„Mir geht es sowohl um die Geschichte der Bundesrepublik, wie um die Dynamik deutscher Familien. Wenn es mir gelingt, die Aufmerksamkeit für das Ineinandergreifen von historischem Einfluss und prägender Beziehungsdynamik zu schärfen, vielleicht gar zu einem neuen Blick auf die eigenen Eltern anzuregen, habe ich meine Ziele erreicht.“

Ein Land – drei Generationen

Hunger nach Sinn

Als sei es abgesprochen, erschien gestern auf den Nachdenkseiten ein Artikel von Götz Eisenberg, der zum Thema des vorangehenden Beitrag passt: Hunger nach Sinn.

Zugegebenermaßen ist letzterer umfangreicher und tiefgehender. Eingebunden ist der Text in eine Würdigung Alexander Kluges.  Und dieser wiederum steht »auf den Schultern« von Theodor W. Adorno. Es geht um Geschichte und Eigensinn, um die Macht der Gefühle  (“Menschen, die etwas nicht mehr aushalten, ertragen es noch lange. Dann plötzlich brechen sie aus – unerwartet und brutal!”), um »Sinnentzug. Eine gesellschaftliche Situation, in der das kollektive Lebensprogramm von Menschen schneller zerfällt, als die Menschen neue Lebensprogramme produzieren können.« Um Glück aus der Kindheit als Voraussetzung für Motivation des Erwachsenen. Lesenswert.

Depressive Symptome in der Schule

Auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Schulpyschologie wird beim Thema »Depression« sehr stark auf ihren medizinischen und klinischen Begriff abgehoben. Diese Sicht infrage zu stellen, heißt nicht, ihn zu leugnen. Wie selbstverständlich wird jedoch die medizinische Nomenklatur und ihre Denkweise aufgenommen und vorausgesetzt. Nicht dass »Depression« keine medizinische, biologische oder klinische Seite hätte – nur sie zu sehen und sich auf ihr implizites Denk- und Theoriemodell einzulassen, hieße aber, Möglichkeiten der Interpretation und Einwirkung auszublenden. Weiterlesen „Depressive Symptome in der Schule“