Die Corona-Krise, die eine Politik-, Medizin-, Medien- und Berufsverbände-Krise war, sollte mit Hilfe von Digitalisierung der Schulen gelindert werden. Sie sollte, wovon schon vor Corona die Rede war, Wissen leicht zugänglich machen und die Lernprozesse individualisieren. Von solchen Erfolgen ist nichts zu hören. Vielmehr hören und lesen wir davon, dass noch immer Schülerinnen und Schüler unter den Folgen der Krise leiden und ganz besonders diejenigen, die aus den „falschen Elternhäusern“ kommen. Die soziale Frage also war und ist wieder einmal ausschlaggebend dafür, dass sich für diese bestimmte Gruppe die Nachteile ganz besonders anhäuften.
Offensichtlich ist es so, dass unreflektierte und unkritische Digitalsierung deutlich mehr Schaden anrichtet als dass sie Nutzen schafft. Eine von menschlicher Beziehung und Bindung „befreite“ Digitalisierung scheint zu einer Atomisierung, Zersplitterung und Vereinsamung der Menschen zu führen – mit einem Anwachsen selbstzerstörerischer und sozial zerstörerischer Folgen. In Schweden und Dänemark hat man dazu Fforschungen angestellt und nun die Bremse gezogen. „Zurück zum Buch“ ist eine der Schlussfolgerungen – samt der Bitte um Entschuldigung von Ministern gegenüber der Schülerschaft für die überzogene Digitalisierung des letzten Jahrzehnts.
Wir sind mit den Risiken einer Reduzierung von menschengebundener Autorität konfrontiert. Das beschreibt Bernd Schoepe in einem längeren Artikel, (Einsprüche zur geplanten Schuldigitalisierung – Ein Lehrer meldet sich zu Wort) aus dem hier nur kurz zitiert sei:
Das geht jetzt schon einher mit dem Verlust des Ansehens und der Autorität der Lehrpersonen. Der Lehrer wird nicht mehr als eine Instanz des Wissens, der Kritik und der gesellschaftlichen Integration und als fachliche, aber auch ethisch-moralische Autorität in der für die Ziele von Schule notwendigen erzieherischen Praxis anerkannt, und zwar weder von den Schülern noch den Eltern noch gar von den Schulverwaltungen. Vielmehr wird er
auf die Rolle des Dienstleisters reduziert, der sich im Auftrag der IT-Industrie auf das Moderieren, Überwachen und Nachsteuern von Lernprozessen beschränkt, die an einen messenden und sich auto-regulativ steuernden Maschinenkreislauf mit kybernetischen
Feedbackschleifen delegiert werden sollen.
Nun haben wir es also mit zwei Verwüstungen zu tun: mit der der Digitalisierung und mit der mit ihr verwobenen Verwüstung der Schulschließungen in Verbindung mit Corona. Und immer noch schweigen die Gewerkschaften und Berufsverbände.
Tatsächlich sind auf Lehrer- und auf Schülerseite aus demokratischem, volkswirtschaftlichem und aus menschlich-ethischem Interesse Persönlichkeiten gefragt, die Beziehung und Bindung eingehen können und wollen, die in der Lage sind, eigenständig zu denken und Veranwortung übernehmen – und fähig sind, zu hinterfragen.