Schulentwicklung gescheitert!

Einem Kollegen aus NRW verdanke ich den Hinweis auf ein sehr interessantes und wie ich finde, wichtiges Buch. Schon 2013 erschien das Buch »Schulentwicklung gescheitert!« von Jörg Schlee. Die angekündigten Themen erinnerten mich an Auseinandersetzungen, die mehr als 20 Jahre zurückliegen. Es waren Auseinandersetzungen, die mir in einer Deutlichkeit wie nie zuvor zeigten, dass es bei der Verbesserung von Schule – die Deutungsmöglichkeiten sind zahlreich – nicht um Austausch, Klärung und Argumente gehen muss. Eine Erfahrung damals: Es gibt Personen, die wirksame Hebel für die Durchsetzung ihrer Interessen und Konzepte haben und die dafür nicht auf Dialog und Debatte angewiesen sind.  Weiterlesen „Schulentwicklung gescheitert!“

Bildungsreform und Propaganda

Da ist Jochen Krautz mit „Bildungsreform und Propaganda“ mal wieder ein feiner Aufsatz gelungen, erschienen im Forum kritische Pädagogik. Er ist geeignet, die Dinge der Pädagogik und Bildungspolitik im besten Sinne aufzuklären. Wer die sogenannte Reformpolitik der letzten 15 Jahre verstehen will, weshalb sich nichts bessert und doch alles immer so weiter geht, sollte sich die Mühe machen und die 40 Seiten lesen. Die grundlegende These ist: Der Ökonomismus ist das Programm unterschiedlichster Organisationen, wie der OECD,  der Bertelsmann-Stiftung und anderer. Gezielt folgen sie einem Programm des ökonomischen Imperialismus, mal soft, mal hart. Oder anders ausgedrückt: Sie folgen einem Programm der Entdemokratisierung.

Gerade weil der Theorie der »Chicago School of Economics« keine Wirklichkeit entspricht,
dies nicht einmal beansprucht wird, kann sie nur mit kontrafaktischen Behauptungen
und durch Inszenierung in politische und ökonomische Wirklichkeit
überführt werden. (Vgl. Brodbeck 2010) Die Realität neoliberaler Theorie muss erst
hergestellt werden und sei es — wie Naomi Klein gezeigt hat — mit brutaler Gewalt.
(Vgl. Klein 2007) Gerade »die Theorie DES MARKTES ist nicht nur eine Theorie (angesiedelt im Diskursraum der Wissenschaft), sondern auch ein Propaganda-Ansatz,der die gesamte Kultur umkrempeln will.« (Ötsch 2009, S. 15)

Dabei knüpft die öffentliche Kommunikation der PISA-Ergebnisse gezielt an den Interessen
und Vorstellungen unterschiedlicher Gruppen an, die ihrerseits auf die neu
geschaffene Realität zugreifen, um eigene Interessen zu stützen. Ob pro oder contra
Gesamtschule, für oder gegen Sitzenbleiben, für individuelle Förderung oder
Klassenunterricht: Für und gegen alles Mögliche wurde und wird mit PISA argumentiert.
Dabei wird meist übersehen, welches reduktionistische Menschenbild man mit
der Bezugnahme auf PISA zugleich etablieren hilft, denn dieses hat jeder bereits akzeptiert,
der auch kontrovers über PISA diskutiert. (Vgl. Pongratz 2009, S. 114) Das
in Verfassungen und Richtlinien verankerte Verständnis vom Menschen als selbstbestimmter,
vernünftiger und dem Gemeinwohl verpflichteter Person wird so immer
weiter verdrängt.

Der Autor geht auch der Frage nach, welchen Sinn eine Absenkung des Bildungsniveaus haben könnte. Und weshalb mehr und mehr Widersprüche aufbrechen, die Ansätze für demokratisches Handeln liefern.   Selber lesen macht schlau.

Gute Beratung zwischen Hybris und Bescheidenheit

BeraterInnen über sich, ihre Arbeit und ihren Anspruch an Professionalität, herausgegeben von Helmut Hallier, im Leutner-Verlag, 2013

Ein Buch, welches einen anderen Blick ins Beratungsgeschehen ermöglicht. Einen Blick, jenseits der mehr oder weniger angepriesenen Trainings, Ausbildungen und wohlfeilen Selbstdarstellungen. Die Artikel sind wohltuend persönlich und selbstkritisch. Sie räumen mit der Vorstellung auf, gute Beratung sei durch Beherrschung von Techniken zu bewerkstelligen. Der angehende und der erfahrene  Berater erfährt, dass es wohl nicht zuletzt Ängste,  Scheiternserfahrungen, gekränkter Narzissmus sind, die – vermittelt über Stufen der Reflexion, für sich allein und mit anderen – ein Band zum Klienten, zum Ratsuchenden und zu erhellenden Schlussfolgerungen knüpfen können. Hier wird eine Grundlage der Empathie gelegt, die helfen kann, Verunsicherung, Scham und Angst zu überwinden. Diese Haltung ist geeignet, Integrität zu schaffen – und damit einen Gegenpol zu den verführerischen Versprechungen, die nicht selten in der Beratungsbranche zu hören sind. Mit den Artikeln dieses Buches wird es einem leichter gemacht, sich vorzustellen, was es mit dem Subjekt und der Subjektiviät auf sich haben könnte – bei sich selbst und bei anderen. Weiterlesen „Gute Beratung zwischen Hybris und Bescheidenheit“

Wie E-Mails unser Denken beeinflussen

„Wie das Internet zunehmend unser Gehirn verändert, zeigt der Bestsellerautor Nicholas Carr. Dessen Buch wird seit Erscheinen der Originalausgabe vor vier Monaten in den USA heiß diskutiert. Jetzt ist die deutsche Ausgabe erschienen, mit dem Titel

Wer bin ich, wenn ich online bin … und was macht mein Gehirn solange

Eine Besprechung im Deutschlandfunk. Besprochen wird auch das Buch von Maryanne Wolf: „Das lesende Gehirn: Wie der Mensch zum Lesen kam – und was es in unseren Köpfen bewirkt.“

Alphabetisierung mehr als Schreiben und Lesen lernen

„Paulo Freires Idee: das Schweigen aufzubrechen, einen neuen Menschen zu schaffen, einen fragenden und kritischen.“
„Freire war davon überzeugt, dass die Bankiersmethode ein UnterdrückungsInstrument darstellt. Von daher dürfe sich die Politik nicht aus diesem Prozess fernhalten. Bewusstseinsbildung gelte es denjenigen zukommen zu lassen, die glaubten, nichts von ihrem Wissen zu wissen. Lernen solle am Anfang von der umgebenden Realität ausgehen. Man müsse die eigene Kultur wertschätzen, um so zur Entkolonialisierung zu gelangen.“
„Der überzeugt war, dass „Bildungsprozesse sich nicht einzig in einem Unterrichtsraum abspielen“ und „Alphabetisierung etwas mehr ist als Lesen und Schreiben lernen“.

Freires pädagogische Sicht