Inklusion, Schulreform: Bildung als Menschenrecht

Oder wird ein Menschenrecht verschachert?

In der Bildungslandschaft ist viel los. Die sogenannte Inklusion gibt den Bundesländern auf, allen Kindern die Wahrnehmung des Rechts auf gemeinsames Lernen zu gewährleisten. Die UN-Konvention, die das vorsieht, ist ein Menschenrecht, dass vom Parlament und und vom Bundesrat anerkannt wurde. Den Kultusministern bereitet das Kopfschmerzen. Sie weichen aus, erfinden Organisationsfomen, entwickeln Prüfabläufe, die einen Bedarf nach Förderung feststellen sollen. Dabei ist klar: Wer die vom deutschen Parlament und und vom deutschen Bundesrat beschlossene Konvention ernst nimmt, kann sich nicht mit organisatorischen und verwaltungstechnischen Spielen aus der Verantwortung ziehen. Wer es trotzdem tut, bewegt sich auf juristisch dünnem Eis.

Ein anderes bildungspolitisches Feuer ist die Schulreform in Hamburg und vielleicht auch bald in anderen Bundesländern. Sie wird von der Regierung mit bemerkenswerter Konsequenz verfolgt und von einer Bürgerinitiative vehement abgelehnt. Geht es nach der Regierung und vielen Bildungsorganisationen, dann sollte die 6 jährige Primarschule kommen, was eine Verlängerung der gemeinsamen Grundschulzeit bedeutet. Und danach besuchen die Kinder das Gymnasium oder die neue Stadtteilschule, an der ebenfalls das Abitur gemacht werden kann.

Betrachtet man den Hamburger Reformvorschlag zur Schulstruktur, welcher ein Kompromiss zweier Regierungsparteien ist, im Lichte der UN-Konvention, so ist auch der eigentlich nicht haltbar; denn er enthält Kindern und Jugendlichen wie eh und je das gemeinsame Lernen vor. Die UN-Konvention bezieht sich mit ihrer Inklusionsforderung nicht nur auf behinderte Kinder, bei denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde, sondern auf alle Kinder. Vielleicht aber wird man in Deutschland glauben, der UN-Konvention sei genüge getan, wenn es ein gemeinsames Lernen bis zur sechsten Klasse gibt. Nimmt man den Grundgedanken der Inklusion ernst, dann kann der Kompromiss der Regierungsparteien nur dann Bestand haben, wenn er als Zwischenstation auf dem Weg zur ehrlichen und vollständigen Inklusion verstanden wird.

Offensichtlich glauben die Kultusminister, sie könnten mit einer Weiterentwicklung oder einem Umbau des Sonderschulwesens den Anforderungen der UN-Konvention gerecht werden. So soll mit Kompetenzzentren (zum Beispiel in NRW) oder mit sonderpädagogischen Bildungszentren (Hamburg) die Inklusion realisiert werden. Sie sollen teils Schule, teils schülerloses Kollegium sein, von dem aus Sonderpädagogen zu Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die Regelschulen entsandt werden, welcher vorher per Gutachten festgestellt wurde. Steht das schon in Widerspruch zur Philosophie der Inklusion, so ist zudem nach allen Berechnungen zu befürchten, dass die Stundenkontingente, die das behinderte, mit Förderbedarf diagnostizierte Kind erhält, gering ausfallen werden. Und dort, wo positive Erfahrungen mit Konzepten gemacht wurden, die zur Inklusion hinführen könnten, werden diese allem Anschein nach gestoppt. So sind der Gemeinsame Unterricht (GU) in NRW und die Integrierten Regelklassen beziehungsweise Integrierten Regelschulen in Hamburg in Gefahr, obwohl sie als Keime der Inklusion angesehen werden können. Die Perspektive ist: Für alle gibt es ein Minimum an Ressourcen, ohne dass Inklusion und kindgerechte Förderung tatsächlich stattfänden.

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