Meinungsfreiheit, Wissenschaftsfreiheit, Unabhängigkeit der Beratung – hängt das alles zusammen?

Meinungsfreiheit und die Bedingungen ihrer Möglichkeit beeinflussen das gesellschaftliche Klima, bilden einen Rahmen für den Stil des Umgangs miteinander, für Vertrauen oder Misstrauen. Damit strahlen sie auf das Klima in Schule und Beratung aus. Was ist sagbar, was ist nicht mehr sagbar im Kollegenkreis, in der Dienstbesprechung? Wann muss ich mich in acht nehmen? Gerade das freie Denken und das freie Meinen sind wichtig in Zeiten, in denen Spannungen und Druck zunehmen, von allen viel und vielleicht auch zu viel gefordert ist. Können Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit durch Drohung einer Kündigung oder Entlassung eingeschränkt werden? Genau darum geht es bei der drohenden Suspendierung des Professors Günter Roth. Hier seine Stellungnahme.

Unterschiedliche Positionen prallen im Alltag aufeinander und sollten ertragen werden können. So ist die Welt: Vielschichtig und kompliziert, selten einfach. Wir machen nun wieder häufiger die Erfahrung, dass Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit eingeschränkt wird, nicht selten von Menschen, die unentwegt Diversität fordern. Mächtige Personen und Institutionen ertragen öfter mal nicht die Verunsicherung durch andere Meinungen. Ähnlich scheint es (manchmal?) Studentinnen und Studenten zu gehen, die fürchten von einem anderen als dem gerade vorgestellten, einfachen, rechten Weg des Lernens abzuweichen oder abweichen zu sollen – vielleicht eine Folge von Kompetenzorientierung und an den Prüfungserfolg angepasstes Lernen?

Vielleicht fürchten sie sich davor, den Weg zum zügigen Bestehen der Prüfung nicht mehr zu schaffen, in einem Abseits der Lebensorganisation landen, wenn sie sich mit den Komplexitäten der Lerngegenstände befassen sollen. Sie scheinen dabei zu Gläubigen zu werden, die sich in der Hoffnung auf vermeintliche Sicherheit und schnelle Einordnung versprechende Urteile zurückgreifen. Ein Weg der Vereinfachung scheint zu sein, das, was einen irritiert und beunruhigt, in die Kategorie „Verschwörung“ einzuordnen. Dann kann das weg.

Diese Gedanken sind entstanden aus einem Vorfall an der Hochschule München, mit Professor Günter Roth als Leidtragendem. Ein Lehrstück wird gewissermaßen daraus, weil sich Günter Roth in einer tiefgründigen Stellungnahme gegen seine Entlassung aus dem Dienst wehrt.
Er ist leider nicht der Einzige, den die Verfolgungen der jüngeren Zeit treffen. So traf es auch Ulrike Guérot (ich weise darauf hin, dass es bei Zeit Campus ein Interview mit einer anderen Tendenz gab). Das furchtbare Gemeinsame dieser Fälle ist, dass die Anschuldigungen ohne Belege daherkommen. Schützen wir die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit, schützen wir die Unabhängigkeit und Freiheit der Berufsausübung.

Ein Gedanke zu „Meinungsfreiheit, Wissenschaftsfreiheit, Unabhängigkeit der Beratung – hängt das alles zusammen?“

  1. Lieber Herr Mietz,
    herzlichen Dank für Ihren Kommentar und Unterstützung auf meiner Seite und die Ausführungen hier! Das Problematische an der Tendenz zur Anpassung, die ich auch immer stärker bei Jüngeren und Studierenden beobachte, ist, dass es eine Anpassung an das vermeintlich objektiv ‚Gute‘ und ‚Richtige‘ ist, wobei dieses sich vermeintlich auf der Basis kontroverser, rationaler wissenschaftlicher Auseinandersetzungen gebildet hat. Dazu kommt noch das Killerargument ‚Solidarität‘ und die vermeintlich auch deshalb objektiv notwendige Begrenzung von Freiheit… Auch wenn es vergeblich ist und uns persönlich schadet, müssen wir weiter unsere Stimme erheben.
    Herzliche Grüße
    Günter Roth

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