Ausgrenzen, Vorführen, Bloßstellen

Angst, Hysterie, Hygienismus scheinen sich wie eine Seuche in Schulen zu verbreiten. Die Schäden, die sie hervorrufen, könnten den ersehnten Nutzen übertreffen

Es ist zu befürchten, dass sich die Schulerfahrungen, die auch Lebenserfahrungen sind, wie sie hier berichtet werden, einprägen und eine Grundstimmung erzeugen, die den autoritären Charakter befördern: ängstlich; bereit zur Unterwerfung, um der Beschämung zu entgehen und um der bedingten Zugehörigkeit willen, oder: herrschaftlich aggressiv, herabsetztend, bereit zur psychischen oder physischen Gewalt.

Rückkehr der Schwarzen Pädagogik im Namen des Gesundheitsschutzes

Beschimpfungen und Herabsetzungen, wie sie von „geachteten“ Politikern und Wissenschaftlern (Frauen und Männer sind gleichermaßen beteiligt) – unwidersprochen und noch verstärkt durch „geachtete“ Medien – abgesondert werden, liefern eine Minderheit dem Furor der „Rechtschaffenen“ aus. Das Bedürnis nach schuldigen Feinden ist geweckt und bietet dem Schwachen sich im Heulen mit den Mächtigen einmal stark zu fühlen.

»Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Frei»heitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat.
Das ist die Lehre, das ist das Fazit dessen, was uns 1933 widerfuhr. Das ist der Schluss, den wir aus unseren Erfahrungen ziehen müssen, und es ist der Schluss meiner Rede. Drohende Diktaturen lassen sich nur bekämpfen, ehe sie die Macht übernommen haben.«

Zitat von Erich Kästner

Alles überzogen? Wer weiß das schon? Das Bundesverfassungsgericht gibt denen, die die Macht haben, sehr viel Spielraum.

»Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.« (Carl Schmitt, 1922)

zum Einlesen ganz schön (wikipedia und grin)


Nachdenken – und zwar alle!

Diese Diskriminierung offenbart undemokratischen Geist. Sie trifft naturgemäß meist diejenigen, die sich ungeachtet der Mehrheitsmeinung „ihres Verstandes ohne die Leitung eines anderen bedienen“ (I. Kant). Die „Einschüchterung der Intelligenz“ (S. Freud), des selbstständigen Denkens, wird so offizielle Politik. Jeder weiß jetzt: Zweifle ich an, was meistens zu lesen und zu hören ist, dann droht mir Ausgrenzung.

Diskriminierung von Minderheitspositionen muss ein Ende haben

In den letzten Monaten haben wir erleben müssen, dass Meinungen, Erfahrungen, Studien, die nicht in das machtpolitisch geprägte Narrativ der nie da gewesenen Bedrohung passen, aus der öffentlichen Debattte ausgeschlossen sind. Menschen, die bis Corona geachtete Mitglieder der Gesellschaft waren, wurden verächtlich gemacht und mit dem Bann des Idioten (oder auch der Idiotin) belegt. Einer Gesellschaft, die von den Mächtigen gern als offen und liberal beschrieben wird, ist das unwürdig. Kein Wunder, wenn man die Gefahr nicht im Virus sieht, sondern in der anmaßenden Ausgrenzung.

Statt Ermutigung zum freien Denken und Reden erleben wir Einschüchterung. Dieser Stil wird sich auch in Schule und anderen „bildenden“ Institutionen ausbreiten, wenn nicht ihre Mitglieder und Insassen sich bewusst werden, in welchem Wandel wir uns gerade befinden. Und wenn sie nicht (auch kleine) Formen des Widerstands und der „Richtigstellung“ entwickeln.

Erfreulicherweise

scheint sich in der Berliner Zeitung in den letzten Wochen ein Spalt für kritische Reflexionen der Corona- und Gesellschaftspolitik zu öffnen. So erschien der Artikel, dem das obige Zitat entnommen ist, von Michael Andrick in der BZ.

Das Buch von Michael Andrick hatte ich hier vor einiger Zeit besprochen.