Schulpsychologie – wohin geht sie?

Die schulpsychologische Landschaft ist in Bewegung. Mancherorts gibt es Einstellungswellen, wie in Nordrhein-Westfallen und Baden-Württemberg. Anderenorts ist die Schulpsychologie »rasiert« worden, oder sie ist einem Umorganisierungsprozess »von oben« unterworfen, wie in Niedersachsen. Und wiederum an anderer Stelle mag der Ausbaustand schlecht sein, wie eh und je.
Uneinheitlich wie Ausbaustand und Konzepte sind Arbeits- und Organisationsweisen der Schulpsychologie vor Ort. Die Dichte des Austausches zwischen den Kolleginnen und Kollegen ist unterschiedlich. Die einen scheinen zufrieden, haben sich eingerichtet, sie haben keinen erkennbaren Bedarf an Austausch über inhaltliche Konzepte, organisationelle Einbindungen und Strukturen. Anderen geht es genau anders: Sie wünschen sich eine Debatte über all diese Fragen. Sie befürchten gar, die Schulpsychologie könnte auf lange Sicht in ihrer Substanz gefährdet sein, wenn diese Debatte nicht geführt wird.

Potenziale der Individuen erkennen und neue Lernkultur befördern

Psychologie für die Schule soll dazu dienen, den Besonderheiten des einzelnen Menschen im Prozess des Lehrens und Lernens, im Prozess der Erziehung und der Persönlichkeitsentwicklung Rechnung zu tragen. (siehe dazu auch Grundlagen der Schulpsychologie im BDP-Berufsprofil Schulpsychologie). Das Angebot der Schulpsychologie richtet sich an die Schüler und Schülerinnen und ihre Eltern, genau so aber auch an die Professionellen im Schulsystem, zum Beispiel als Lehrerberatung, Supervision, Kooperation mit Leitungen und Schulaufsichten.
Den Einzelnen in seinen, teilweise verborgenen, Potenzialen, Motiven, Emotionen, kognitiven Leistungsmöglichkeiten zu verstehen, Verständigung zwischen Kooperationspartnern zu befördern und gemeinsame Entwicklung der verschiedenen Beteiligten zu unterstützen, gehört zu den Aufgaben der Schulpsychologie. Schulpsychologie hat nicht die Aufgabe, den einzelnen Schüler an die Erwartungen des Lehrers beziehungsweise der Schule anzupassen oder Lehrer und Schüler als Rädchen für das System funktionstüchtig zu machen. Gerade für die Entwicklung einer neuen Lernkultur kommt es für die Lehrkraft darauf an, die besonderen Lern- und Verhaltensweisen einzelner Schüler und Schülerinnen verstehen, einordnen und sich auf sie einstellen zu können. Genau so aber kommt es auch darauf an, die persönlichen Besonderheiten der Lehrkräfte in die Entwicklung der Lernkultur zu integrieren. Psychologie in und für Schule heißt, dass sich Schule als Gegenpol zur eigenen bürokratischen Tradition als Impuls für ihre Entwicklung Psychologie »hineinholt«, zum Wohl der Kinder, der Professionellen und der Entwicklung des Systems.
Schulpsychologie als Psychologie für die Schule und in der Schule erfüllt dann ihre Aufgabe, wenn sie den Stellenwert des Individuums „hochhält“, auf seine Besonderheiten eingeht und behilflich ist, seine Möglichkeiten zu verwirklichen. Eine Entweder-Oder Haltung (für die Schule und die Lehrkräfte oder für die Schüler und Schülerinnen und ihre Eltern) wird den Möglichkeiten einer staatlich verantworteten Schulpsychologie nicht gerecht.
Eine vermittelnde und dem Wohl der Lehrkräfte und den Schülern und Schülerinnen dienende Suche nach gemeinsamer Entwicklung kann nur gelingen, wenn Schulpsychologie so »aufgestellt« ist, dass das Vertrauen in eine solche Rolle wächst und selbstverständlich ist. In Bezug auf die Schulen und Lehrkräfte heißt das, dass die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen »kritische Freunde« sein sollten, sie sich nicht von Schule vereinnahmen lassen, aber durchaus und unbedingt das gemeinsame Dritte, Bildung und Erziehung für das Kind und den Jugendlichen, im Blick haben. In Bezug auf Schüler, Eltern und Lehrkräfte heißt das, dass der Schulpsychologe / die Schulpsychologin mit ihnen am Lernerfolg des Kindes arbeitet, und dabei so frei und unabhängig ist, dass er/sie mit beiden Seiten auf einer eigenständigen Grundlage arbeitet.

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