„Maulkorb von der Stadt“

Schule der Öffentlichkeit entziehen – wie demokratisch ist das denn?

Die GEW-Hamburg hatte einen Plan. Sie wollte unter Teilnahme von Lehrern, Eltern und Schülern den Stand der Dinge in Sachen Inklusion vor dem Rathaus öffentlich machen. Die Schule in den öffentlichen Raum tragen. Das kann man nachvollziehen – ist doch die Ausstattung  dieser Reform (fraglich, ob es eine Reform zum Besseren ist) umstritten. Ebenso umstritten ist, welches Verständnis von Inklusion die Behörde hat. Und schließlich geht Schule alle an – oder?

So viel Öffentlichkeit ging der Behörde zu weit, obwohl doch bei dem Projekttag auch davon die Rede sein sollte, was alles schon erreicht worden sei. Sie verbot diesen Projekttag. Der Pressesprecher der Behörde sagte laut taz, Schulen dürften selbstverständlich Projekttage durchführen, nur sich eben nicht „politisch betätigen“.

Im Newsletter der Behörde vom 7.10 – ansonsten nicht verlegen um pr-geübtes Preisen der Schulpoltik – war von der Sache nichts zu lesen.

Dank der taz darf man erfahren, was Teil der Kritik sein könnte

Die Arbeitszeiten sollen nach dem Muster des Lehrerarbeitszeitmodells geregelt werden.

Das war schon für die Lehrer/innen 2003 das Aus für selbstverantwortliches, kooperatives und kommunikatives Arbeiten. Ein eng gespanntes Netz der Steuerung und Kontrolle legte sich auf die Kollegien. Es zwang die Lehrer in ein merkantilistisches System der Verrechnung von Stunden und Fächern. Rasche Zusammenkünfte und Austausche ließen sich schwerer organisieren. Ebenso Kontakte mit externen Institutionen, etwa Beratungseinrichtungen.

In einem Gutachten für die GEW

werde festgestellt (schreibt die taz), dass die Fachlichkeit der Mitarbeiter in der Schulsozialarbeit missachtet werde und das Arbeitszeitmodell ein Angriff auf die Berufsidentität sei. Hingewiesen wird darauf, dass Lehrpersonal und Sozialarbeiter gleichermaßen dem Schulleiter unterstellt seien – Schüler/innen und Eltern können gar nicht anders als im helfenden, beratenden Personal den verlängerten Arm der Schule und der Schulbehörde zu sehen. Wie soll sich da Vertrauen und Offenheit für neue Erziehungsansätze entwickeln?

Übrigens zieht sich dieser „totalitäre“ Ansatz seit Jahrzehnten durch die Hamburger Schulberatungspolitik, wie sich hier nachlesen lässt. Er machte sich übrigens auch im Zusammenhang mit der Gründung der ReBBz – Regionale Bildungs- und Beratungszentren – bemerkbar. Die Forderung nach Unabhängigkeit der Beratung von schulischen Aufgaben stieß bei Ties Rabe auf taube Ohren – trotz deutlicher Warnungen. Erstaunlich wie gering die Sensibilität in der Hamburger Behörde für die Voraussetzungen gelingender Beratung ist.

Zu hoffen ist, dass die beratenden Mitarbeiter in Schulen und ReBBz beharrlich genug sind, auf ihrer Fachlogik zu bestehen, wenn schon Behörde und Politik die Steuerungslogik durchsetzen wollen. Ansonsten müsste man davon ausgehen, dass die im Gutachten befürchtete Deprofessionalisierung schon eingetreten ist.

Kurzsichtig und an jeglicher Fachlichkeit vorbei sind die zur Verfügung gestellten Zeitkontingente: Achtzig Prozent der Arbeitszeit sollen die Sozialarbeiter und Therapeuten am Kind verbringen, zehn Prozent sind für Kommunikation vorgesehen und zehn Prozent für Vor- und Nachbereitung. Die Behörde verkennt völlig, dass eine wichtige Voraussetzung für Entwicklung Verstehens-, Reflexions- und Verabredungsarbeit der Professionellen ist. Dass Arbeit für das Kind nur am Kind stattfinden könne, ist ein Trugschluss.

 

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