Wie „unsere“ Politiker Frieden und Verständigung behindern

Und damit Erziehung zu Verständigungsbereitschaft behindern

Erst schießen, dann ermitteln

Ein Prinzip, das jede demokratisch gesinnte und am Rechtsstaat interessierte Person kritisieren dürfte. Wenn wir sehen konnten, wie amerikanische Polizisten Schwarze „vorsorglich“ auf Verdacht erschossen, war das Kopfschütteln groß. Wir sehen darin aber auch die Blaupause für Machtpolitik auf der internationalen Ebene — und für die Formierung der Gesellschaft nach innen: Achtung! Der/die Starke macht, was er/sie will. Hier macht das Gendern einmal Sinn, denn so wird einem klar, dass Frauen heftig an der Erosion guter Sitten beteiligt sein können.

In der großen Politik, in der es um Menschenleben geht, um das Leben Zehntausender Menschen, soll das Prinzip der Aufklärung vor der Vergeltung nicht gelten. Es reicht, wenn ein Staat oder sein höchster Repräsentant — aus welchen Interessen heraus auch immer — zum Bösen und zum Feind erklärt werden kann, weil er dazu erklärt werden muss, weil es irgendwem in den politisch-herrschaftlichen Kram passt.

Völkerrechtswidrig

Erst bombardieren, dann ermitteln, entspricht einem vernunftwidrigen Prinzip. Ein besseres Prinzip, das als Folge verheerender Kriege im 20 Jahrhundert, die Staaten im Rahmen der UNO langsam und mühsam aufbauten, wackelt, wie seit 70 Jahren nicht mehr. Die Willkür des Mächtigen, das Recht des Stärkeren kehrt zurück. Der Firniss der Zivilisation ist dünn.
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages stuft die Angriffe der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf die angebliche Giftgasfabrik in Syrien als völkerrechtswidrig ein. So wurde es auch in den Nachrichten gemeldet.

Der Stärkere hat recht und das Recht

Unsere Kanzlerin unterstützte politisch solchen Bruch des Völkerrechts. »Das [ob es einen Giftgasanschlag gab] kann auch meinetwegen noch mal nachgeprüft werden. Aber das hilft uns bei der Verurteilung des Falles jetzt nicht weiter«, sagt Kanzlerin Merkel lässig über den Vorschlag Russlands, den Giftgasanschlag von Duma (wenn es ihn denn gab), durch die OPCW untersuchen zu lassen, offenbar fühlte sie, dass es jetzt an der Zeit sei, zuschlagen zu müssen. Ja, sie kann so schön leutselig (was ihr als Muttihaftigkeit ausgelegt wurde) daherkommen daherkommen — bis zur Aufgabe jeglicher Rationalität. Auch wenn es (noch?) die anderen waren, die schossen, war sie mit großer geistig-moralischer Emphase dabei. Wer die Macht hat und die passende Mission (welche ist das?), braucht sich um Rechtsstaatlichkeit und um die Grundregeln der Vernunft nicht zu kümmern.

Der demokratische Erziehungsauftrag

Wenn das Schule macht, ist es um den demokratischen Erziehungsauftrag nach Grundgesetz geschehen. Erzieher’innen und Lehrer’innen verbringen Jahre damit, bei den Kindern soziales Verhalten und Empathie, Kooperation und Verständigung aufzubauen. Und dann kommen die Damen und Herren der Weltgeschichte daher und führen uns vor, dass Recht das Recht des Stärkeren ist und dass derjenige an den Pranger darf und muss, der mir nicht gefällt. Was passiert, wenn Mehmet Peter eine reinwürgt, weil er ihn noch nie mochte, oder weil der immer so komisch guckt, weil er ein anderes Leben führt, oder weil er seine Mutter schlecht gemacht hat? Oder wenn Peter Mehmet attackiert, weil Peter glaubt, solche Leute wie Mehmet und seine Leute hinderten Peter daran, erfolgreicher zu sein? Erzieher’innen werden auf Verlangsamung, Nachdenken und Reden setzen und die Gewalt unterbrechen! Sie werden versuchen, Achtung vor der Würde des anderen herzustellen, die Fähigkeit zu stärken, zumindest für eine kurze Zeit, sich in die Lage des anderen zu versetzen. Und sie werden versuchen, Regeln für den Umgang mit Meinungsverschiedenheiten und Verletztheiten zu etablieren.

Das jede zivilisierte Regel missachtende Vorgehen der Politikerinnen (hier muss man unbedingt die weibliche Form erwähnen) und Politiker ist ein Schritt, die Willkür und die Macht des Stärkeren in unseren Gesellschaften als normales Handlungsmodell einzuführen. Sie gefährden mit solchem „Benehmen“ die Bemühungen der Erzieher’innen, schlimmer: Sie gefährden Rechtsstaat und Demokratie.

Über den Riss nachdenken und reden

Wie können Erzieher’innen da argumentieren? Sie müssen verdeutlichen, dass es „die“ und „uns“ gibt. Sie müssen damit vertraut machen, dass es einen Riss gibt — und sie sollten damit rechnen, dass Fragen aufkommen und leider, leider Nachahmer der mit so viel Autorität ausgestatteten Gefährder’innen.

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