Ohne Vertrauen in die Lehrerschaft keine Qualität

Im vergangenen Jahrzehnt meinten die Schulbehörden, Qualität ließe sich durch Kontrolle und Standardisierung herstellen. Zwar wurde viel davon geschrieben, es ginge um den Aufbau einer Vertrauenskultur. Auf der Ebene der Steuerung, der Aufteilung von Arbeitszeiten, der Arbeitszeitkontrolle kann man eher sagen, dass eine Misstrauenskultur entstand. De facto reduzierten die Verwaltungsebenen den fachlichen Austausch in den Kollegien. Die Möglichkeiten für gemeinsame Reflexion in kollegialen Fallbesprechungen oder in Supervision nahmen in Zeiten des Vorrangs der Unterrichts ab. So kam es zu einer Polarisierung: Unterricht statt Schulentwicklung. Dazu schreibt Adolf Bartz in der NDS (Neue Deutsche Schule), der Zeitschrift der NRW-GEW.

 

Diskussion: Schule als Ort der Begegnung – oder …?

Pädagogik von gestern – in der Welt heute – für ein Leben morgen?

Vom Unterricht als Bekehrung und Belehrung
zur Schule als Ort der Begegnung und Bereicherung, von Hans Brügelmann

Hier fasst Hans Brügelmann ältere und neuere Einschätzungen über den Charakter der Schule zusammen — und er macht Vorschläge für eine andere Schule.

Und hier setzt er sich mit den unterschiedlichsten Antworten auseinander.

Abgesehen von den Inhalten finde ich anregend, wie hier der Versuch unternommen wird, eine Diskussion unter Kollegen zu führen.

 

Von Löwen und Füchsen

Der Hanser Verlag veröffentlichte  ein Büchlein des Soziologen Heinz Bude: Bildungspanik —  Was die Gesellschaft spaltet. Hier einige Anmerkungen dazu:

Heinz Bude beginnt sein kleines Buch damit, dass er zwei sich unversöhnlich gegenüberstehende Lager kennzeichnet. Da seien zum einen die, die klassenmäßige Privilegien verteidigten und zum anderen diejenigen, die prüften, ob man sich als Feind oder Freund der eigenen Kinder oute. Angesichts solcher Unversöhnlichkeit zieht der Autor den Schluss, dass eine dritte Position äußerst dringlich sei. Wer sich nun erhoffte, im Laufe des Textes werde sie erkennbar, sieht sich getäuscht. Oder sollte das Schlusskapitel diese Lösung darstellen? Darin plädiert Bude für Entspannung. Es ist die Demografie, die Erlösung verschafft. Da klappt man am Ende baff und seufzend das Buch zu, nachdem man doch einige anregende Zuspitzungen gelesen hatte. Weiterlesen „Von Löwen und Füchsen“

Lehren und Lernen sind persönlich und subjektiv

Plädoyer für Psychologie in der Schule – statt Verschulung der Psychologie

Das Individuelle, die Persönlichkeit, die Eigendynamiken von Personen und Organisationen zu verstehen und sie in einen entwicklungshaltigen Austausch zu bringen, sind zentrale Themen der Psychologie, nicht zuletzt der Schulpsychologinnen und Schulpsychologen. Wenn man den Schulbehörden wohl will, könnte man sagen, dass sie einsichtsfähig waren und sind: Die schulpädagogische Praxis konnte in den vergangenen Jahrhundert bis auf den heutigen Subjekte und staatlich-unternehmerische Steuerungsinteressen nicht versöhnen, aber die Schulbehörden haben sich in Gestalt der Psychologie das Subjekthafte des Lernens und Erziehens »hereingeholt«.

Andererseits konnte sie sich damit nie wirklich befreunden. Und die Schulforschung hat mehr oder weniger das Normierungs- und Steuerungsinteresse bedient, als dass sie sich dafür interessierte, was es mit Persönlichkeit, Individualität und Subjektivität im schulischen Lernen auf sich hat. Um so erfreulicher, wenn sich dazu dann doch Stimmen melden: Messen, messen, messen – hilft nicht

Persönlichkeitsmerkmale der Lehrer, Beziehungsgestaltung, Subjekthaftigkeit als Teil individueller Lernvoraussetzungen

 

Geschlossene Gesellschaft

Intelligenz – Genetik – Gymnasium – Grundschule – PISA

„Widersprüche und Ungleichheiten mit System“ könnte man als ein Fazit aus dem Interview festhalten. Man prüfe die Inhalte und lasse sich nicht davon abhalten, dass es sich bei dem Interviewten um einen Linken handelt.

Interview bei Telepolis, Teil 1

Interview bei Telepolis, Teil 2

WDR Feature: Der geborene Lehrer

Ohne Persönlichkeit geht gar nichts

Ein sehr facettenreiches Bild zeichnete der Journalist Karl-Heinz Heinemann in einem Feature des WDR. Ein wesentliches Fazit: Die Persönlichkeit des Lehrers, der Lehrerin (und wie die Lehrkraft damit Beziehung gestaltet) ist der zentrale Schlüssel für eine veränderte Lernkultur und für die Motivation der Schüler. Weite Strecken des Features lassen sich in dem Sinn verstehen, dass es dringlich ist, Schulpsychologie für die Schule und für die Unterstützung der Lehrkräfte zu entdecken. (Diesem Thema widmet sich ein Seminar für schulpsychologische Berufseinsteiger auf dem Bundeskongress Schulpsychologie).

Hier der Link zur Sendung

Zur Sendung Der geborene Lehrer (zeitlich begrenzt)

und zum Manuskript der Sendung mit einer Literaturliste

WDR Feature

1806 gab es eine radikale Bildungsreform

Nach der Niederlage gegen Napoleon war klar: Die Säulen des preußischen Staats standen auf wackeliger Grundlage. Zu viel Fassade, zu wenig Substanz.

„Das Bildungswesen ordnete Wilhelm von Humboldt neu: von den staatlichen Elementarschulen, für die jetzt Schulpflicht galt, bis zur Universität und den Forschungsakademien. Von diesem Bildungsweg sollte grundsätzlich niemand ausgeschlossen sein. Im krassen Gegensatz zur undurchlässigen preußischen Stände-Gesellschaft wollte Humboldt auch Gymnasium und Universität jedem öffnen, der die Fähigkeit mitbrachte, dort zu lernen und zu forschen.“

Aber bald schon wurde die Reform zurückgeschraubt. Zwar blieben zahlreiche Inhalte und Strukturen bestehen – jedoch nur für herrschenden Schichten.  Parallelen zur Gegenwart?

Hier das Manuskript zur Sendung des Deuschlandfunks Wilhelm von Humboldts Reform

Sarrazin, ab in den Statistik-Kurs

Thilo Sarrazin macht Furore. Die Kernthesen seines seines Buches beruhen auf „Fehlern“ (?), Fälschungen und Verdrehungen, die sich keine Studentin oder Student im Statistik-Kurs erlauben dürfte. Stattdessen loben die Mainstream-Medien, dass der Mann wichtige Anregungen zur Integrationsdebatte liefere. Weit gefehlt. Wenn das durchgeht, ist das ein Beleg dafür, dass wir in der Tat ein Bildungsproblem haben, dass es keine Grundlage mehr gibt, im Sinne der Aufklärung, eine Debatte mit vernünftigen Argumenten zu führen. Hier eine Zusammenfassung der Kritik und daran anschließend der Link zum Artikel. Weiterlesen „Sarrazin, ab in den Statistik-Kurs“

Lernwiderstände, Leistungslernen und Schulreform

Uwe Findeisen

Über Lernunlust, falsche Anerkennungsformen und die Deformierung des Wissensbegriffes.

Dieser Artikel macht mit den grundsätzlichen Widersprüchen schulischen Lernens bekannt. Wie sich Lehrer, Beratungslehrer und Schulpsychologen angesichts der Verrücktheiten, die das Schulsystem immer aufs Neue reproduziert, vernünftig verhalten wollen, ist eine interessante Frage. Vermutung: So wie Schüler im günstigen Fall eine taktische Haltung zur Schule gewinnen, so können Beratungsexperten ebenfalls nur auf eine bessere Taktik gegenüber der Schule und dem Lernen orientieren. Orientierung an Wissen und Wissensfortschritt bliebe einer Schulreform überlassen, die eine  Weiterlesen „Lernwiderstände, Leistungslernen und Schulreform“

Wider die Allüre der Fachsprache

»Statt Erkenntnis zu demokratisieren und in gesellschaftliche Debatten einzugreifen, schottet sich die Sozialwissenschaft mit einem elitären Geheimcode ab«

Verständlichkeit und gesellschafltiches, demokratisches Engagement finden in der Bundesrepublik nur ausnahmsweise statt. Auch ein Problem für Schule und Schulpsychologie. Erkennbar zum Beispiel am Niveau, wie an den methodischen Unzulänglichkeiten vorbei wissenschaftliche Untersuchungen auf den Markt der politischen Klientelpolitik geworfen werden. Franz Walter hat das Thema kürzlich in einem Zeitungsartikel aufgegriffen

»Dabei verstecken sich alle hinter den vermeintlichen Sachzwängen einer vermeintlichen Fachlogik und der analytischen Schärfe ihrer vermeintlichen Fachsprache. Dabei ist gerade der Jargon des sozialwissenschaftlichen Fachsuahelis unendlich karg und anschauungsarm. Überhaupt kommt gegenwärtig gerade der ebenso dröhnende wie aufgeplusterte Exzellenzdiskurs an den Universitäten mit sechs oder sieben denkbar anämischen „Müllschluckerwörtern“ (Botho Strauß) aus. „Innovation“ gehört immer noch dazu, „Optimierung“, „Ressource“, „Komparatistik“, „Entwicklungsdynamik“, „Profilbildung“, „strukturbedingte Determiniertheit“. Wer mit diesen sprachbarbarischen Retortenbegriffen schwungvoll zu jonglieren vermag, kann in kürzester Zeit alle möglichen, als wissenschaftlich drapierten Projekte schmieden und hinreichend inspirationslose, daher höchst erfolgsversprechende Drittmittelprojekte kompilieren. Kaum jemand an der Universität hat dann den geringsten Zweifel, dass es sich bei diesen verlässlich gleichklingenden Elaboraten ganz fraglos um internationale Spitzenforschung handeln muss.«

Wider die Allüre der Fachsprache