Schulpsychologie – wohin geht sie?

Die schulpsychologische Landschaft ist in Bewegung. Mancherorts gibt es Einstellungswellen, wie in Nordrhein-Westfallen und Baden-Württemberg. Anderenorts ist die Schulpsychologie »rasiert« worden, oder sie ist einem Umorganisierungsprozess »von oben« unterworfen, wie in Niedersachsen. Und wiederum an anderer Stelle mag der Ausbaustand schlecht sein, wie eh und je.
Uneinheitlich wie Ausbaustand und Konzepte sind Arbeits- und Organisationsweisen der Schulpsychologie vor Ort. Die Dichte des Austausches zwischen den Kolleginnen und Kollegen ist unterschiedlich. Die einen scheinen zufrieden, haben sich eingerichtet, sie haben keinen erkennbaren Bedarf an Austausch über inhaltliche Konzepte, organisationelle Einbindungen und Strukturen. Anderen geht es genau anders: Sie wünschen sich eine Debatte über all diese Fragen. Sie befürchten gar, die Schulpsychologie könnte auf lange Sicht in ihrer Substanz gefährdet sein, wenn diese Debatte nicht geführt wird.

Potenziale der Individuen erkennen und neue Lernkultur befördern Weiterlesen „Schulpsychologie – wohin geht sie?“

Noch einmal: Der Nutzen der Gleichheit

Gleichheit: Feindin der Freiheit oder: Ohne Gleichheit keine Freiheit?

An dieser Stelle wurde schon einmal auf die Studie von Kate Pickett und Richard Wilkinson hingewiesen. Stefan Reinecke wendet noch einmal die Begriffe hin und her: Gleichheit, Gleichmacherei, Gleichheit der Chancen … Auch die Kommentare sind interessant. Hier geht zum Artikel: Nutzen der Gleichheit

Welche Rolle spielt der Zugang zur Bildung? Ist er gleich für alle oder abhängig von der sozialen Lage? Und wie unterschiedlich muss er sein, damit alle gleiche Chancen haben? Wie muss ein Schulsystem organisiert sein, damit alle eine Chance haben und Vielfalt sich entwickeln kann?

Etabliert und renitent – in Stuttgart

Wäre das nicht auch eine Strategie für eine andere Schulpolitik?

Es sind in Stuttgart die Etablierten, die renitent auf die Straße gehen. Sie haben Augenmaß und sie sind Zukunftsfreunde. Aber natürlich müssen sie sich von den umsichtigen Fortschrittsfreunden der Regierung und der Bahn und eines Teils der Medien (hier haben sich schon Stimmungen verschoben) als unmodern, rückwärtsgewandt und kleinkariert bezeichnen lassen. Wenn das etablierte Bürgertum seine Lebensgrundlagen gefährdet sieht – und das kann sehr subjektiv getönt sein – ist es zu überraschenden Aktionen in der Lage. Eine Region steht auf, könnte man sagen. Wie vor 24 Jahren das Ruhrgebiet, als drohte, dass es »geschlossen« wurde. Ist es nicht auf Dauer so, dass die ungelösten Bildungsfragen, das Abwehren von Reformen, die Gewährung von Bildungskrümeln, statt Bildungsteilhabe auf der Grundlage eines selbstverständlichen Menschenrechts unsere Zukunft bedrohen?

In Bezug auf Schule glauben viele Etablierte, mit Abschottung und Abgrenzung, die Zukunft und die eigene Zukunft retten zu können. Das ist jedoch mehr als zweifelhaft. Denn Spaltung der Gesellschaft frisst irgendwann auch die Grundlagen des Bürgertums an. Wie Kostenexplosionen, unberechenbares Grundwasser und großtechnologische Zukunftsvisionen. Vielleicht reift diese Einsicht noch. Stuttgart 21 zeigt, dass Bewegung möglich ist.

Sarrazin, ab in den Statistik-Kurs

Thilo Sarrazin macht Furore. Die Kernthesen seines seines Buches beruhen auf „Fehlern“ (?), Fälschungen und Verdrehungen, die sich keine Studentin oder Student im Statistik-Kurs erlauben dürfte. Stattdessen loben die Mainstream-Medien, dass der Mann wichtige Anregungen zur Integrationsdebatte liefere. Weit gefehlt. Wenn das durchgeht, ist das ein Beleg dafür, dass wir in der Tat ein Bildungsproblem haben, dass es keine Grundlage mehr gibt, im Sinne der Aufklärung, eine Debatte mit vernünftigen Argumenten zu führen. Hier eine Zusammenfassung der Kritik und daran anschließend der Link zum Artikel. Weiterlesen „Sarrazin, ab in den Statistik-Kurs“

Fixierung auf Erfolg, Leistung und Männlichkeit – ohne Emotion und Bindung

In diesen Tagen steht der Vater von Tim K. vor Gericht, weil er, der Vater, seine Schusswaffen nicht verschlossen verwahrte und so Tim die Gelegeneheit erhielt, die Waffe zu nehmen und mit ihr mehrere Menschen umzubringen.

„In welcher Welt lebt dieser Vater eines Mörders? Es gibt nur eine Antwort: in der unseren. In der sind Väter emotional und auch physisch oft abwesend. Wie sollten sie auf den Gedanken verfallen, dass sich Söhne nach Liebe, Nähe und Anerkennung sehnen?“ Verzweiflung, Wut, Aggressivität gegen sich und andere kommen nicht aus dem Nichts, sondern aus der Art, wie wir leben. Hier zum Artikel über die private und doch öffentliche Seite eines Amoklaufs.

Klaus Kinkel radikal für eine andere Bildung

„Es geht nicht nur um die Hauptschulen, sondern auch um bestimmte städtische Viertel, in denen sich die Probleme der Migration und des schwachen sozialen Hintergrunds oftmals konzentrieren. Die Hauptschulen sind nur ein Symbol dafür, was unser Schulsystem Kindern teilweise zumutet: Es konzentriert die Verlierer und schafft, verzeihen sie, Lumpensammlerschulen. Es entstehen sehr ungleiche Startchancen. Aber das muss uns alle angehen, weil wir diese Kinder und ihre Talente alle wertschätzen müssen – und weil sie für unsere Zukunft einfach brauchen!“

Wer sich da so empört ist unser ehemaliger Bundesaußenminister Kinkel, heute Vorstandsvorsitzender der Telekom-Stiftung und als solcher zu ganz neuen Einsichten fähig. Mochte er noch vor wenigen Wochen nicht ganz so radikal sein, weil er beim Volksentscheid in Hamburg oder bei den NRW-Wahlen hätte Farbe bekennen müssen – auch gegen seine Parteifreunde? Egal. Vielleicht erreicht seine Stimme elitäre, abwehrende bildungsfern Schichten. Nachzulesen im taz-interview Kinkels Sicht auf Bildung

Wider die Allüre der Fachsprache

»Statt Erkenntnis zu demokratisieren und in gesellschaftliche Debatten einzugreifen, schottet sich die Sozialwissenschaft mit einem elitären Geheimcode ab«

Verständlichkeit und gesellschafltiches, demokratisches Engagement finden in der Bundesrepublik nur ausnahmsweise statt. Auch ein Problem für Schule und Schulpsychologie. Erkennbar zum Beispiel am Niveau, wie an den methodischen Unzulänglichkeiten vorbei wissenschaftliche Untersuchungen auf den Markt der politischen Klientelpolitik geworfen werden. Franz Walter hat das Thema kürzlich in einem Zeitungsartikel aufgegriffen

»Dabei verstecken sich alle hinter den vermeintlichen Sachzwängen einer vermeintlichen Fachlogik und der analytischen Schärfe ihrer vermeintlichen Fachsprache. Dabei ist gerade der Jargon des sozialwissenschaftlichen Fachsuahelis unendlich karg und anschauungsarm. Überhaupt kommt gegenwärtig gerade der ebenso dröhnende wie aufgeplusterte Exzellenzdiskurs an den Universitäten mit sechs oder sieben denkbar anämischen „Müllschluckerwörtern“ (Botho Strauß) aus. „Innovation“ gehört immer noch dazu, „Optimierung“, „Ressource“, „Komparatistik“, „Entwicklungsdynamik“, „Profilbildung“, „strukturbedingte Determiniertheit“. Wer mit diesen sprachbarbarischen Retortenbegriffen schwungvoll zu jonglieren vermag, kann in kürzester Zeit alle möglichen, als wissenschaftlich drapierten Projekte schmieden und hinreichend inspirationslose, daher höchst erfolgsversprechende Drittmittelprojekte kompilieren. Kaum jemand an der Universität hat dann den geringsten Zweifel, dass es sich bei diesen verlässlich gleichklingenden Elaboraten ganz fraglos um internationale Spitzenforschung handeln muss.«

Wider die Allüre der Fachsprache

Neue Gesellschaft für Psychologie mit interessanten Themen

Kongress im März 2011 zur Rolle der Psychologie in einer sich grundlegend verändernden Gesellschaft

Dass es die Neue Gesellschaft für Psychologie gab und gibt war mir bekannt. Leider habe ich nicht gewusst, wie nah dieser Verband an den psychologisch bedeutenden Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung ist. Ein Beleg dafür ist allein schon der »Call for Papers« für den Kongress im nächsten Jahr. Ein anderer Beleg ist die  neue Ausgabe des Journal für Psychologie