Demokratie am Ende – oder mehr Demokratie wagen?

In zahlreichen Organisationsentwicklungsansätzen ist die Rede davon, dass es darum gehe, die die Erfahrungen und Potenziale der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einzubeziehen. Nicht selten mündete dies darin, Spielwiesen für Interessierte einzurichten. Nicht selten walzte später eine Maschine von Sachzwängen über zarte Pflänzchen der Beteiligung hinweg. Parallel wurden in nicht wenigen Bundesländern die die Mitbestimmungsrechte eingeschränkt (in NRW wurden sie nach der letzten Wahl von Rotgrün teilweise wieder hergestellt).

Was in Fragen der Finanz- und Europapolitik immer mal wieder zu hören ist, ist eine Klage über den Demokratiemangel: In Hinterzimmern würden keine oder nur schwach legitimierte Ausschüsse anordnen und verfügen, so der Ex-SPD-Europapolitiker Günter Verheugen. Gleiches lässt sich aber auch in der Bildungspolitik beobachten. Schulen und neueinzurichtende Dienststellen und Abteilungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Umsetzung der Inklusion, sehen sich zu einer Manövriermasse von Politik und Verwaltungen degradiert. Was in Schule noch ohne Widerstand hingenommen wird, entwickelt sich an anderen Stellen gegenteilig. Der Anti-S21-Virus wird zu einer Horror-Vision der Großstragegen, die zu wissen meinen, was gut und richtig ist. Inzwischen gibt es offen Forderungen, die demokratischen Rechte einzuschränken, mit Sympathie in zahlreichen Medien verbreitet.

Das ist ein Hinweis darauf, dass Ziele wie Inklusion, Bildungsgerechtigkeit, Bildung als Mittel der Emanzipation und auch Beratung als Mittel emanzipatorischer (Selbst-) Aufklärung auf eine breite Bewegung für Bildung angewiesen sind. Das Denken in Kategorien von Wahlperioden, der Zuständigkeit von Parteien greift zu kurz. Vorbild: die Anti-Atombewegung – oder die Bewegung gegen S21. Kleiner scheint es nicht zu gehen.

 

Ergebnisse für deutsche Bildungspolitik unterirdisch

Knausern an der Bildung – ein Geschäftsmodell, das die Zukunft aufs Spiel setzt

Europas weitaus größte Wirtschaftsmacht, die durchsetzen möchte, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union dem deutschen Beispiel folgen und über Lohnsenkungen und Sozialabbau wieder wettbewerbsfähig werden, verspielt auf einem der wichtigsten Felder, nämlich der Bildung und Qualifizierung der nachrückenden Generation seine Zukunftsfähigkeit. Das belegt nicht nur der neue Bildungsbericht der EU-Kommission, das beweist auch das Scheitern der groß angekündigten „Qualifizierungsinitiative für Deutschland“. Zukunft wird verspielt

Mehr Schlingensief

Die hier schon mehrfach erwähnte Neue Gesellschaft für Psychologie hielt kürzlich ihren Jahreskongress ab. Es ging nicht zuletzt um die Verantwortung der akademischen und praktizierenden Psychologen, sich politisch und gesellschaftlich zu engagieren; denn das Leiden, das sie behandeln oder dem sie vorzubeugen versuchen, ist nicht nur ein individuelles Geschehen, sondern auch ein politisches und gesellschaftliches. Vielleicht entsteht es sogar in den Strukturen, in denen sie selbst arbeiten. Die Taz berichtete über den einen und anderen Vortrag: Werdet hysterisch und vielleicht noch dazu: Empört euch

Lob der Gleichheit

„Wir haben uns angeschaut, wie sich die Einkommensverteilung in 21 reichen Industrieländern auf diese Probleme auswirkt. Und wir haben herausgefunden, dass Länder, in denen die Kluft zwischen Arm und Reich gering ist, durchweg besser abschneiden. In den Ländern, in denen die Einkommensunterschiede groß sind, gibt es dagegen durchweg mehr Gewalt, mehr Gefängnisinsassen, mehr Teenagerschwangerschaften, schlechtere Schulabschlüsse, weniger soziale Mobilität. Die sozialen und gesundheitlichen Probleme sind größer. Die Mordraten sind in ungleicheren Gesellschaften zehnmal so hoch wie in gleicheren. Die Zahl der psychisch Kranken ist dreimal so hoch. In ungleichen Gesellschaften bringen sechs- bis achtmal so viele TeenagerKinder zur Welt.“

Lob der Gleichheit

Warum hier so lange Funkstille war oder: my brain hurts

Allein schon die organisatorische Umsetzung der Inklusionsforderung sorgt in der Hamburger Schullandschaft für Aufregung und Abwechslung – ganz abgesehen vom Tanz um die 6-jährige Primarschule, die Stadtteilschule und das ewige Gymnasium.

Wer stellt wie welchen Förderbedarf fest und passt die diagnosegeleitete Überprüfung überhaupt zum Anspruch auf Inklusion? Welche neuen Institutionen braucht es? Zum Beispiel die sonderpädagogischen Bildungszentren und wie verhalten die sich zu den bestehenden Beratungs- und Unterstützungsstellen? Lassen sich Bedarfe bei Kindern an „emotionaler und sozialer Entwicklung“ so am Kind feststellen, wie eine Sehbehinderung, und was ist mit einer Lernbehinderung? Anregende Fragen und Diskussionen, ohne Zweifel. Berufsverständnisse kommen zum Vorschein, die wohl sonst vielfach unausgesprochen geblieben wären, die einem selbst von sich noch nicht bekannt waren. Fast kann man zuschauen, wie täglich sich einem mehr und mehr Systemwirklichkeit erschließt, in die man eingearbeitet ist. Seiten der Institution werden einem bekannt, die vorher gar nicht vorhanden zu sein schienen. Rädchen im Getriebe oder Mitgestalter. Abwarten? Die da oben machen ohnehin, was sie wollen. Wer weiß, wozu es gut ist? Sollten wir nicht eine Meinung abgeben? Aber falls ja, welche denn?

Was verstehen wir unter Schulpsychologie, Sonderpädagogik, Sozialpädgogik und was sehen die Lehrer und Eltern in ihnen? Passt das immer alles zusammen, oder läuft da auch etwas schräg und schief?

Viel Bewegung, viel Neues – wo führt das alles hin? Wer da etwas mitschreiben will, kommt als Freizeitblogger schnell an seine Grenzen. Zu komplex, zu unausgegoren, zu groß die Gefahr von Missverständnissen und Verletzungen. Schreibversuche, die keine Form finden und die Abende im Birdland und in der Hohen Schule stehlen.

Korrektur

Vor ein paar Tagen gab es in diesem Blog ein paar heftige Aussschläge. Der Grund liegt in dem Beitrag  vom 3. Januar 2010. Genauer: Er liegt in seiner Einleitung. Da hatte ich geschrieben: „Weder gibt es eine schulöffentliche noch eine Fachdebatte über Sinn und Aufgaben einer Psychologie in und für Schule …“ Inge Loisch hat diesen Satz kritisiert – zurecht. Denn er verkennt, dass es in verschiedenen Landesverbänden für Schulpsychologie und in der Sektion Schulpsychologie des BDP immer wieder Vorstöße gegeben hat, Forderungen für einen Ausbau der Schulpsychologie und für schulpsychologische Standards zu formulieren. Diese Forderungen sind auch an die Politik herangetragen worden. Wie konnte ich dann einen solchen Satz schreiben? Weiterlesen „Korrektur“

Aggressive Abschottung der Eliten im Namen der Gerechtigkeit und der Wissenschaft

Es stockt einem der Atem,

wenn man die Kampagne der Initiative „Wir wollen lernen“ verfolgt und wenn man erlebt, in welch großer Zahl Hamburger Bürger das Volksbegehren gegen die Schulreform in Hamburg unterschrieben haben. Bei genauerer Betrachtung wird aber auch deutlich, dass die Befürworter einer Schule mit mehr gemeinsamem Lernen Fehler gemacht haben und machen. Ohne eine tiefgreifende Analyse und ohne eine Bildungsbewegung wird das Schulsystem in der Sackgasse bleiben. Eine Meinung von Jürgen Mietz. Weiterlesen „Aggressive Abschottung der Eliten im Namen der Gerechtigkeit und der Wissenschaft“

Warnhinweis: Entfremdetes Lernen gefährdet Gesundheit und Leben

Im Zusammenhang mit dem Tod von Robert Enke haben wir sehr viel gehört von Leistungsdruck und Stress, davon, wie sehr die Angst zu versagen Menschen beschämen und in die Verzweiflung treiben kann – bis zum Tod. Seine Geschichte – nicht zuletzt eine der Versagensangst – druckte der Spiegel eine Woche nachdem der Artikel über Stress und entfremdetes Lernen an Gymnasien erschienen war. (Einen Link gab‘ in diesem Blog) Mehr als eine zufällige Reihung oder doch Ausdruck einer Lebensform am Rande der (Selbst-) Zerstörung?

Hier  Links zu einigen Texten im Zusammenhang mit Robert Enke und unserer Lebensform:

Spiegelfechter, taz-Artikel zu Robert Enke, Micha Hilgers in der FR

Ministerin Sommer plädiert für Reduktion – ist sie damit schon auf dem Weg einer Humanisierung der Schule?

Ministerin Sommer will mal anhören, was die Schüler zu sagen haben … und sie sich kommen lassen. Jetzt sollen es die Schulen richten, die Lehrpläne zu entrümpeln, im Namen der Eigenverantwortung. Weiterlesen „Warnhinweis: Entfremdetes Lernen gefährdet Gesundheit und Leben“