Steuerung statt demokratischer Entwicklung. Ergebnis: Frust und Reibungsverlust

Dem Anschein nach gibt es eine einzige und damit selbstverständlich »alternativlose« Form der Beratungsorganisation, die im Zuge der Inklusionsumsetzung zu realisieren ist, wenn REBUS und neuerdings die Fusion der REBUS mit den noch zu gründenden Bildungszentren propagiert werden. Alles soll effizienter werden, Eigenständigkeiten sollen gewahrt bleiben – warum dann die Fusion? – Alles wird vorbildlicher, und noch dazu für die ganze Republik. Was in den wenigen Diskussionsgelegenheiten erkennbar wird, ist, dass die Fusion eine politische Vorgabe ist. Einen inhaltlichen Entwicklungsprozess durch Kommunikation gibt es nicht.
Wie bei Reformen der Schule häufig geht es nicht darum, endlich die Bedingungen für ein personenbezogenes Lernen zu schaffen, sondern darum, Steuerung und Kontrolle im Schulsystem zu erhöhen, und zwar im Sinne eines unternehmerischen, auf Rentabilität orientierten Modells. Im Namen der Übersichtlichkeit und des Abbaus von bürokratischem Wildwuchs, werden Organisationen geschaffen, die Eingriffe und Steuerung erleichtern (sollen). Das spricht manche Wünsche, auch pädagogische, sowie Ressentiments an: Muss nicht wirklich etwas geschehen angesichts der wachsendenden Störungen im Schulsystem? – In diesem Sinne hat sich dann auch Beratung zu formieren. Weiterlesen „Steuerung statt demokratischer Entwicklung. Ergebnis: Frust und Reibungsverlust“

Bildung – Kultur – Barbarei – Zivilisation

Zum Jahresbeginn ein etwas längerer Artikel von Gert Heidenreich. Was braucht die moderne Gesellschaft, die häufig eine Wissensgesellschaft oder Informationsgesellschaft sein soll? Wird der kompetenztrainierte Mensch den Anforderungen gerecht?

»den eigenen Ort in der Welt (zu) finden und (zu) verstehen. Genau das ist offenbar kein Ziel der Pädagogik mehr – die Inhalte, die dafür nötig wären, werden zurückgedrängt zugunsten anderer Curricula, deren unmittelbar nützliche Anwendbarkeit im Berufsleben hervorgehoben wird. Der trainierte Mensch, der dabei entsteht, hat als Idealbild der sogenannten Informationsgesellschaft den gebildeten Menschen abgelöst.«

Hier geht es zum Text von Gert Heidenreich

Diskussion: Schule als Ort der Begegnung – oder …?

Pädagogik von gestern – in der Welt heute – für ein Leben morgen?

Vom Unterricht als Bekehrung und Belehrung
zur Schule als Ort der Begegnung und Bereicherung, von Hans Brügelmann

Hier fasst Hans Brügelmann ältere und neuere Einschätzungen über den Charakter der Schule zusammen — und er macht Vorschläge für eine andere Schule.

Und hier setzt er sich mit den unterschiedlichsten Antworten auseinander.

Abgesehen von den Inhalten finde ich anregend, wie hier der Versuch unternommen wird, eine Diskussion unter Kollegen zu führen.

 

Von Löwen und Füchsen

Der Hanser Verlag veröffentlichte  ein Büchlein des Soziologen Heinz Bude: Bildungspanik —  Was die Gesellschaft spaltet. Hier einige Anmerkungen dazu:

Heinz Bude beginnt sein kleines Buch damit, dass er zwei sich unversöhnlich gegenüberstehende Lager kennzeichnet. Da seien zum einen die, die klassenmäßige Privilegien verteidigten und zum anderen diejenigen, die prüften, ob man sich als Feind oder Freund der eigenen Kinder oute. Angesichts solcher Unversöhnlichkeit zieht der Autor den Schluss, dass eine dritte Position äußerst dringlich sei. Wer sich nun erhoffte, im Laufe des Textes werde sie erkennbar, sieht sich getäuscht. Oder sollte das Schlusskapitel diese Lösung darstellen? Darin plädiert Bude für Entspannung. Es ist die Demografie, die Erlösung verschafft. Da klappt man am Ende baff und seufzend das Buch zu, nachdem man doch einige anregende Zuspitzungen gelesen hatte. Weiterlesen „Von Löwen und Füchsen“

Erfahrungen artikulieren

Bei so viel Steuerungswillen, Struktursetzung ohne Diskussion, wie beispielsweise in Hamburg, aber auch in anderen Bundesländern, ist eine Frage: Was kann der / die Einzelne tun? Ist er oder sie ausgeliefert? Ist das Abwarten die einzig mögliche Lösung?

Ich glaube nicht. Viele Kolleginnen und Kollegen haben in den vergangenen Jahren oder Monaten mehr oder weniger mühselig sich Standpunkte erarbeitet. Für sich selbst, gemäß eigenen, inneren Leitlininien, für die Kollegen in der eigenen Organisation und in Auseinandersetzung mit ihnen, für die anfragenden Eltern und Lehrkräfte.

Bedauerlicherweise münden diese Erfahrungen bisher nicht überall in eine Diskussion über sie, in ein gemeinsames Berufsprofil. Ein solches gemeinsames Berufsprofil könnte die individuellen Bemühungen in der Wirkung verstärken, vielleicht sogar beflügeln. Der Ort, von dem aus ich handle — mein haltender Rahmen — , Status und Selbstsicherheit könnten profitieren und die Arbeit „flüssiger“ machen.

In den individuellen Erfahrungen, in ihrer Zusammenfassung liegt das Potenzial, für die Mitgestaltung neu zu bildender Organisationen.

Wie gut sind gutgemeinte Fusionierungen?

Anmerkungen zur Implementierung eines Organisationsentwicklungsprozesses, von Jürgen Mietz

Im Namen der Inklusion – zu einem allem Anschein nach guten Zweck also – nehmen die Schülerinnen und Schüler, die Lehrkräfte, wie auch Eltern und Beschäftigte im Schulsystem besondere und zusätzliche Belastungen auf sich. Neue Rollen, Organisationsformen und Kooperationsabläufe wollen erfunden sein. Ein Spezialfall dieser Entwicklungsaufgabe stellen die REBUS (Regionale Beratungs- und Unterstützungsstellen) und die neu zu gründenden Bildungszentren in Hamburg dar.

Bei allen Unklarheiten und offenen Fragen ist vorab entschieden: REBUS und die Bildungszentren sollen in einer Organisation zusammengefasst werden. Eine Entscheidung, die in hohem Maße die Qualität der Arbeitsplätze, der Arbeits- und Kooperationsverständnisse berührt. Ob zusammengehört, was da zusammenwachsen soll, muss bei näherer Betrachtung offen bleiben. Die Entscheidung wurde ohne die Beteiligung der unmittelbar Betroffenen gefällt. Substanz und Stichhaltigkeit der Entscheidung können empirisch und theoretisch kaum nachvollzogen werden. Vermutlich ist ein Hintergedanke der Reformer, dass den potenziellen Nachfragern der Leistungen der REBUS und der Bildungszentren eine Unübersichtlichkeit drohe, die ihnen nicht zuzumuten sei. Und mit dem Argument, man wolle einem Behördenwildwuchs vorbeugen, lässt sich leicht Zustimmung gewinnen.

Jedoch: Warum sollte es den künftigen Beratungs- und Bildungszentren anders ergehen als den jetzigen REBUS, denen der neue Anzug nach 10 Jahren immer noch nicht richtig sitzt? Manch eine/r mag von Synergieeffekten träumen, die sich – eine solche Fantasie scheint es zu geben – im Selbstlauf einstellen mögen. Daraus spricht eine  Überschätzung der technischen Organisierbarkeit und eine Unterschätzung der (möglichen) unterschiedlichen Aufgabenstrukturen und Kompetenzen. Weiterlesen „Wie gut sind gutgemeinte Fusionierungen?“

Demokratie am Ende – oder mehr Demokratie wagen?

In zahlreichen Organisationsentwicklungsansätzen ist die Rede davon, dass es darum gehe, die die Erfahrungen und Potenziale der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einzubeziehen. Nicht selten mündete dies darin, Spielwiesen für Interessierte einzurichten. Nicht selten walzte später eine Maschine von Sachzwängen über zarte Pflänzchen der Beteiligung hinweg. Parallel wurden in nicht wenigen Bundesländern die die Mitbestimmungsrechte eingeschränkt (in NRW wurden sie nach der letzten Wahl von Rotgrün teilweise wieder hergestellt).

Was in Fragen der Finanz- und Europapolitik immer mal wieder zu hören ist, ist eine Klage über den Demokratiemangel: In Hinterzimmern würden keine oder nur schwach legitimierte Ausschüsse anordnen und verfügen, so der Ex-SPD-Europapolitiker Günter Verheugen. Gleiches lässt sich aber auch in der Bildungspolitik beobachten. Schulen und neueinzurichtende Dienststellen und Abteilungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Umsetzung der Inklusion, sehen sich zu einer Manövriermasse von Politik und Verwaltungen degradiert. Was in Schule noch ohne Widerstand hingenommen wird, entwickelt sich an anderen Stellen gegenteilig. Der Anti-S21-Virus wird zu einer Horror-Vision der Großstragegen, die zu wissen meinen, was gut und richtig ist. Inzwischen gibt es offen Forderungen, die demokratischen Rechte einzuschränken, mit Sympathie in zahlreichen Medien verbreitet.

Das ist ein Hinweis darauf, dass Ziele wie Inklusion, Bildungsgerechtigkeit, Bildung als Mittel der Emanzipation und auch Beratung als Mittel emanzipatorischer (Selbst-) Aufklärung auf eine breite Bewegung für Bildung angewiesen sind. Das Denken in Kategorien von Wahlperioden, der Zuständigkeit von Parteien greift zu kurz. Vorbild: die Anti-Atombewegung – oder die Bewegung gegen S21. Kleiner scheint es nicht zu gehen.

 

REBUS – Erfolgsmodell für alle oder Spezialfall?

(Eine leicht überarbeitete Version eines früheren Eintrags)
von Jürgen Mietz
Es scheint so, als solle sich das Modell einer Organisation von Beratung (und Unterstützung), wie es sich in HH ab Ende der 90 er Jahre etablierte, nun bundesweit durchsetzen. Bremen hat sich von ihm inspirieren lassen, Niedersachsen und Berlin sollen folgen, wenn man  einem Gutachten von Klaus Klemm und Ulf Preuss-Lausitz (rechts unten klicken) folgt. Es wurde in Zusammenhang mit der Umsetzung der Inklusion in NRW erstellt. Klemm und Preuss-Lausitz widmen sich darin unter anderem Fragen der Beratung und Unterstützung und stoßen dabei auch auf das REBUS-Konzept.
Für Hamburg liegt eine Evaluation der REBUS-Praxis vor. (Konzept und Evaluation hier).  Klaus Klemm und Ulf Preuss-Lausitz entnehmen ihr einen summarischen Satz, um die prinzipielle Geeignetheit der REBUS-Konstruktion zu belegen: „Grundsätzlich wurde die Arbeit der REBUS als sehr wichtig für den jeweiligen regionalen Kontext, aber auch für die Arbeit der Kooperationspartnerselbst erachtet“.
Zum einen wird diese verallgemeinernde Aussage der Evaluation selbst nicht gerecht, sie urteilt differenzierter. Zum anderen lässt sich an der Evaluation, an ihrer Methodik, an den Fragen, die gestellt wurden und an den Fragen, die nicht gestellt wurden, Kritik üben. Weiterlesen „REBUS – Erfolgsmodell für alle oder Spezialfall?“

Erlassentwürfe, alter Erlass und ein Gutachten aus NRW

Schulpsychologie im Umbruch könnte man sagen. Das regt dazu an, die eigene Situation in anderem Licht zu betrachten – und sie nicht mehr als unabänderlich zu sehen. Die Reaktion einiger Kolleginnen und Kollegen ermutigt mich, auf einige Neuerscheinungen hinzuweisen und noch einmal auf den Link zum Erlass für Schulpsychologie in NRW hinzuweisen.

Erlass-Entwurf Schulpsychologie Niedersachsen

Erlass Schulpsychologie NRW  und dann noch ein Klick in die letzte Zeile

Über die modellhaft eingerichteten Kompetenzzentren in NRW berichtet ein 22 seitiges Gutachten. (Und ein Klick unten rechts)

Es gibt einige Hinweise auf das „Innenleben“ der Inklusion, auf Tücken der Beratung unter Pädagogen und auf den Sinn externer, unabhängiger Beratung.

Es wäre selbstverständlich wunderbar, wenn hier erkennbar würde, welche Bewertungen und Resonanz diese Papiere hervorrufen …