Was lernen und was vermeiden Kinder in unseren Schulen?

Über fehlgeschlagene Individualisierung, Lerndiktate, RTI …

In einem Interview der Nachdenkseiten schaut Magda von Garrel mit „anderem“ Blick auf das Schulsystem. Konkurrenz, Anpassung und Vermeidung enfernen die Kinder von Persönlichkeitsentwicklung und Fähigkeit zur Autonomie.

Inklusion durch Sonderpädagogik?

Brigtte Schumann setzt sich weiter mit dem RTI-Konzept (Response to Intervention) auseinander. Hier zwei Zitate aus ihrem neuesten Artikel:

Anstatt sich zu fragen, mit welchen pädagogischen Maßnahmen die soziale Teilhabe aller Kinder gesichert werden kann, stellen Lehrerinnen und Lehrer die Mitgliedschaft von sog. Risikokindern im Klassenzimmer in Frage. Da die Interventionen als rigide durchgeführte Instruktionen in der Regel außerhalb des Klassenzimmers ablaufen, ist die Botschaft für alle Beteiligten klar: Der Klassenraum ist eine behindertenfreie Zone. Die Stufen innerhalb von RTI wirken so als Teile eines stigmatisierenden Etikettierungsprozesses, auch wenn es offiziell um präventive Förderung geht.

Inklusive Pädagogik misst Kinder nicht an einem Normalitätsverständnis, das vorschreibt, was Kinder zu einem bestimmten Zeitpunkt zu können haben. „Das Prinzip der grundlegenden humanen Anerkennung setzt das Konstrukt des schlechten Schülers außer Kraft“. „Jedes Kind ist auf seiner Stufe kompetent“, so Prengel. Sie begründet dies mit einem menschenrechtlich fundierten Heterogenitätsverständnis, das auf dem grundlegenden Prinzip der Gleichheit beruht. Dieses Verständnis ist für die inklusive Bildung konstitutiv. Es geht dabei um die Realisierung einer Gesellschaft, in der man nach der Formulierung von Adorno „ohne Angst verschieden sein“ kann.

Ein Thema, dass auch Psychologinnen und Psychologen interessieren könnte. Soll es darum gehen, Kinder und Jugendliche systematisch zu erfassen und sie ggfs. bei Erreichen bestimmter Grenzwerte einer Förderung per technischer Hilfsmittel zuzführen (um den technokratischen, unpersönlichen Jargon anzuwenden), sie einer Optimierungsforderung zu unterwerfen oder geht es um Erkennen und Verstehen ihrer Subjektivität und Persönlichkeit, ebenso wie ihrer Lebenszusammenhänge?

RTI – Inklusionsmotor oder „old school“ der Sonderpädagogik?

Seit letztem Jahr drängt das so genannte RTI (Response to intervention) – Konzept an die Fachöffentlichkeit. Professor Christian Huber stellte es beim Landesverband Schulpsychologie NRW vor. Einige Monate später hatte es beim Bundeskongress der Sektion Schulpsychologie in Münster einen prominenten Platz. Und nun berichtet Brigitte Schumann, Bildungsjournalistin und frühere Grünen-Abgeordnete im NRW-Landtag, von einer Vorstellung des Konzepts bei der Grünen-Landtagsfraktion in NRW.

Nimmt man den Inhalt, wie er in der Zeitschrift für Heilpädagogik, 8/2012 dargestellt wurde, handelt es sich um einen sonderpädagogischen Ansatz, der die Inklusion lernschwacher Kinder beflügeln soll. Warum er unter Schulpsychologen so breit vorgestellt wurde – und wie Schulpsychologen über ihn denken –  ist mir nicht klar. 

Brigitte Schumann kritisiert den RTI-Ansatz – und sie stützt sich dabei auf weitere Experten – als Teil der „old school“ der Sonderpädagogik: defizitorientiert, fern davon die Eigenart und Persönlichkeit in Rechnung zu stellen. Das könnte Schulpsychologen aufhorchen und sie fragen lassen, wie sie ihre Rolle im RTI-Konzept sehen, sollte es denn tatsächlich eine zentrale Orientierung für die Schule sein/werden. Eine Frage könnte  sein: Wo bleibt bei allem Messen und flächendeckenden Kontrollieren/Beobachten die „gute Pädagogik“ und das Subjekt?