Zwischen Unterfinanzierung, SuperPersonalVerdopplung und Lüge
In Hamburg schlagen die Inklusionwellen hoch, wie der taz-Bericht zeigt.
In Hamburg schlagen die Inklusionwellen hoch, wie der taz-Bericht zeigt.
Die Erfahrung zeigt, dass es beim Thema Begabungsförderung in der Regel nicht allein um Begabungsförderung geht. Mit im Spiel ist ein Ressentiment in der Bevölkerung, vor allem in der Mittelschicht, gut Begabte – und wer ist schon sicher, dass die eigenen Kinder es nicht sind? – hätten das Nachsehen in der Schule. Man kümmere sich um die Problemfälle, aber nicht um die Förderung des eigenen Nachwuchses. Schließlich geht es darum, sich im Rennen der Konkurrenzgesellschaft einen guten Startplatz zu sichern. Und nicht zu vergessen: Die Wirtschaft will an die Begabungsreserven heran. Hochgebildet, flexibel, anpassungswillig an die Forderungen des Marktes/des Profits.
Unversehens sind wir mit den Normen des Schulsystems und seinen Zwecken konfrontiert. Nach Jahren der Inklusionsumsetzung – nicht selten aufgenommen und erlebt als Belastung für gute Schülerinnen und Schüler – kommt nun die Wiedergutmachung in einem neuen Modellprojekt der Hamburger Schulbehörde: Neue Impulse für die Begabungsförderung an Hamburgs Schulen.
Die Presseerklärung zu diesem Ereignis erweckt den Eindruck, die gut Begabten und Leistungsstarken seien bisher zu kurz gekommen. »Alle Schülerinnen und Schüler, auch die leistungsstarken und hochbegabten, sollen optimal gefördert werden.« Zu oft seien sie »im Unterricht unterfordert, langweilen sich und können ihre Potentiale nicht entfalten.« Und: »Wir wollen für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler … optimale Lernbedingungen schaffen und ihre Begabungen fördern und fordern.«
Weiter, darf man schlussfolgern, seien die durchschnittlich Leistungsstarken und die Leistungsschwachen, ebenso wie die durchschnittlich und schwach Begabten im Vorteil. Die sind nicht unter- oder überfordert, langweilen sich nicht und sie können ihre Potenziale entfalten.
Zwar wolle man keine speziellen Klassen oder gar Schulen für besonders Begabte und Leistungsstarke – aber ein wenig speziell soll es schon sein.
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Ein Politiker muss heutzutage den Eindruck vermitteln können, er habe Lage und Laden im Griff. Er oder sie hat es in Vorwahl- und Wahlzeiten so versprochen. Er (oder sie) orientiert sich an den attraktiven und attraktiv gemachten Leitbildern und Führungskonzepten. Einzelpersonen werden idealisiert, ihnen sollen wir uns anvertrauen (gab’s das nicht schon mal – mit wenig überzeugendem Ausgang?). »Wer Leitung bestellt, bekommt sie auch«. Und soll sich hinterher nicht beklagen. So oder so ähnlich die Botschaft des Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz.
Einer seiner getreuesten Gefolgsleute ist der Schulsenator Ties Rabe. Damit müssen wir leben. Getreu seinem Führungsverständnis müssen zwei bis drei zentrale schulische Problemfelder bearbeitet und zum Erfolg geführt werden. Sie müssen so durchgearbeitet herauskommen, dass sie dem Versprechen gemäß sind: Alles im Griff.
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Da ist sie nun wieder die Zeit, die voller Anspannung sein kann. Die Zeit des Abiturs beschäftigt die Geister. Halten die Nerven das aus oder kann ich entspannt sein? Schüler und Schülerinnen steuern auf einen Wendepunkt in ihrem Leben zu – Schule aus und dann? Und die Eltern fragen sich, was aus der Zukunft ihrer Sprößlinge werden kann. Und alle wissen: hinter dem Tor gibt es ein Land voller Ungewissheit. Überhaupt: Was ist das Abitur wert? Welchen Stellenwert besitzt es im landesweiten und globalen Wettkampf?
In diesem Interview mit Gabriele Kaiser wird unter anderem indirekt deutlich, dass der Schulsenator Ties Rabe mit einem großen Ruck ganz groß herauskommen wollte, dass das, was seit Jahren versäumt wurde, mit einem „mutigen“ Schritt aus dem Weg geräumt werden sollte. Dann hätte er ganz oben auf dem Podest stehen könnte.
Es mangelte an Analyse − wozu auch, wenn es doch einen starken politischen Willen gibt. Man darf vermuten, dass Herr Rabe sich nicht hat beraten lassen, oder schlecht beraten war. Kannten wir das nicht … Inklusion … ReBBz …?
Vor den Sommerferien veröffentlichten 51 von 59 Schulleitern einen Brief, in dem sie davor warnten, die Stadtteilschulen könnten scheitern.
Hier der Bericht der Welt und hier ein Interview in der Zeit.
Hier eine karge Pressemitteilung, von der man nicht genau weiß, ob sie sich auf die Angelegenheit bezieht.
Nach den Ferien kam die GEW-Vorsitzende Anja Bensinger-Stolze zu Wort.
Man darf vermuten, dass die Schulleiter es sich mit ihrer Wortmeldung nicht leicht gemacht haben. Der Senator ist bekannt dafür, dass er mit Kritikern rabiat umgehen kann. Beteiligung und Fachwissen der Praktiker einzubeziehen, ist seine Sache nicht. Noch dazu, wenn sie sich seinen Großplanungen und seiner Tonnenideologie („Graf Zahl“) nicht beugen.
Auch in den Schuljahren 2013/14 und 2014/15 starten die Schulen mit – rückblickend bestätigt – fast Zweidrittel Unterausstattung. Rabe gewann Zeit, in dem er die Uni-Professoren Karl-Dieter Schuck und Wulf Rauer beauftragte, den LSE-Anstieg zu untersuchen. Doch auf deren Fazit – die LSE-Quote von 6,6 Prozent sei für eine Großstadt plausibel – gab er wenig, und ordnete für diesen Herbst die Einzel-Gutachten an – gegen den ausdrücklichen Rat von Rauer und Schuck.
Hier die Pressemitteilung der Schulbehörde