Zukunft der Bildung

Bildung – gibt’s die noch?

Zumindest gibt es noch einige Wissenschaftler und Praktiker, die an ihren Wert erinnern, Definitionen unternehmen und sie von Ausbildung abgrenzen. Schule bewegt sich mehr und mehr in Richtung Ausbildung. Funktionalisierung statt Sinngebung ist die Folge, ebenso wie der Verlust von Persönlichkeit(sbildung) und Eigensinn. Stattdessen Orientierung an Standards und am Lernen für den Test. »Zehn Thesen zur Debatte um kompetenzorientierte Bildungsstandards« liefern Diskussionsstoff.

Wenn Bildung mit Werteerziehung zu tun hat(te) und mit einem Gewinn an Autonomie der Person, mit emanzipatorischen Potenzialen der Schule, so sind die heutigen Zustände eine Verkümmerung. Nicht zuletzt daraus entstehen Probleme, die allseits beklagt werden und mit wachsender Kontrolle gelöst werden sollen. Der Kongress »Irrwege der Unterrichtsreform« war ein Plädoyer für die Inhalte, für Wissen und eine Gegenrede gegen Häppchenpädagogik, Modularisierung und Methodenfetischisierung.

»Die Persönlichkeit des Lehrers soll herausgehalten werden«hieß es in einem Beitrag. Eine Bemerkung, die psychologische Berater hellhörig machen sollte — nicht zuletzt deshalb, weil es notwendig sein könnte, die eigene Ethik in der modernen Schule zu hinterfragen. Welche Zusammenschlüsse brauchen die professionellen Berater des Schulsystems, um ihre Ansprüche zu retten und – welche sind das?

Bildung als Anpassung

Für Schulpsychologie – sofern sie denn ihre emanzipatorischen Potenziale erhalten und entwickeln soll – ist es nützlich und eine Voraussetzung ihrer Handlungsfähigkeit, dass sie sich ein Bild vom Bildungssystem macht. Wo steuert es hin? Wer steuert es? Welches sind die Leitlinien, die offiziell und halboffiziell verlautbarten und die verborgenen? Hier sorgt ein älterer, aber immer noch aktueller Artikel von Jochen Krautz, Bildung als Anpassung, für mehr Klarheit.

Des Kaisers neue Kleider

Schaut man sich an, wie die Inklusion umgesetzt wird, wie neue Beratungsorganisationen durch Rangeleien an Behördenschreibtischen gegründet werden, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Fachlichkeit spielt keine Rolle, sondern nur ein schwer nachvollziehbarer politischer Wille, wie aus gut unterrichteten Kreisen zu hören ist. Wer glaubt denn, dass so etwas aufgehen könnte?

»Aber die haben ja gar nichts an«, möchte man ausrufen, als sei man in Andersens Märchen. Der Schriftsteller Ingo Schulze zeigt in einer Rede auf, dass der Betrug geschickt inszeniert und allem Anschein nach weit verbreitet ist. Unterhaltsam und lesenswert.

PISA verstehen, PISA kritisch betrachten – Pädagogik retten

Probleme der Kompetenzorientierung

Auf der Site des Verbands Bildung und Wissen finden sich unter anderem eine Reihe von lesenswerten Artikeln über eine grundsätzlich problematische Orientierung des Schulwesens. Letztendlich läuft sie darauf hinaus, Schule von ihrem Anspruch zu entkernen, verantwortungsfähige Menschen zu bilden. Stattdessen geht es darum, sie für den »Homo oeconomicus« einzurichten. In einem anderen Artikel wird PISA als Geldquelle für die Testindustrie beschrieben.

Hier pisakritische Artikel

Hier ein Beispiel:

»Nach der neuen Kompetenzorientierung wir der Lehrer zum Lernprozessbegleiter degradiert, der nur noch Lernarrangemenst bereitstellt, den Rest macht der Schüler selbst. Wissensvermttlung verboten! Der Einfluss der Lehrerpersönlichkeit auf den Unterrichtserfolg rückt dabei gänzlich in den Hintergrund.«

Kompetenzorientierung – vom Tiger zum Bettvorleger

Hunger nach Sinn

Als sei es abgesprochen, erschien gestern auf den Nachdenkseiten ein Artikel von Götz Eisenberg, der zum Thema des vorangehenden Beitrag passt: Hunger nach Sinn.

Zugegebenermaßen ist letzterer umfangreicher und tiefgehender. Eingebunden ist der Text in eine Würdigung Alexander Kluges.  Und dieser wiederum steht »auf den Schultern« von Theodor W. Adorno. Es geht um Geschichte und Eigensinn, um die Macht der Gefühle  (“Menschen, die etwas nicht mehr aushalten, ertragen es noch lange. Dann plötzlich brechen sie aus – unerwartet und brutal!”), um »Sinnentzug. Eine gesellschaftliche Situation, in der das kollektive Lebensprogramm von Menschen schneller zerfällt, als die Menschen neue Lebensprogramme produzieren können.« Um Glück aus der Kindheit als Voraussetzung für Motivation des Erwachsenen. Lesenswert.

Spannungsverhältnisse der Beratung zwischen Psychologie und Pädagogik

Dass es Unterschiede zwischen Psychologie, psychologischer Beratung einerseits und Pädagogik andererseits gibt, dürfte der Grund sein, dessentwegen Psychologie in die Schule geholt wurde. Offensichtlich verkörpert sie etwas, was Pädagogik oder Schulpädagogik nicht aufzuweisen haben. Bisher (in Hamburg bis zur Auflösung der Schülerhilfe) hat(te) Schulpsychologie eine relativ eigenständige Position gegenüber der Schule und gegenüber der Schulbehörde. Und dort, wo sie sich eigenständig und in verantwortlicher Verknüpfung mit Behörde etablieren konnte (wie in einigen Bundesländern), leistet sie konstruktive Beträge zu Persönlichkeits-, Lern- und Schulentwicklung. Weiterlesen „Spannungsverhältnisse der Beratung zwischen Psychologie und Pädagogik“

Veranstaltungshinweis

der Gesellschaft für Bildung und Wissen

Auf der Tagung in Frankfurt am 24. März 2012 soll es darum gehen, was im Kontext dieser Reformen derzeit alles zum Nachteil von Bildung und Wissen den Schulen ohne Rücksicht auf die vielfältige Kritik von nahezu allen an der Bildung Beteiligten von oben herab verordnet wird.

Auf der Website finden sich darüber hinaus reichlich anregende Analysen und Meinungen,  von Andreas Gruschka, Jochen Krautz, Konrad Paul Liessmann und anderen.

Ohne Vertrauen in die Lehrerschaft keine Qualität

Im vergangenen Jahrzehnt meinten die Schulbehörden, Qualität ließe sich durch Kontrolle und Standardisierung herstellen. Zwar wurde viel davon geschrieben, es ginge um den Aufbau einer Vertrauenskultur. Auf der Ebene der Steuerung, der Aufteilung von Arbeitszeiten, der Arbeitszeitkontrolle kann man eher sagen, dass eine Misstrauenskultur entstand. De facto reduzierten die Verwaltungsebenen den fachlichen Austausch in den Kollegien. Die Möglichkeiten für gemeinsame Reflexion in kollegialen Fallbesprechungen oder in Supervision nahmen in Zeiten des Vorrangs der Unterrichts ab. So kam es zu einer Polarisierung: Unterricht statt Schulentwicklung. Dazu schreibt Adolf Bartz in der NDS (Neue Deutsche Schule), der Zeitschrift der NRW-GEW.