Die finanzielle Basis für eine andere Bildungspolitik schwindet

Schulreform und eine personenorientierte Beratungs- und Unterstützungsarbeit brauchen nicht nur Konzepte, sondern auch Personen. Kleinere Klassen brauchen Räume. Ohne Geld ist das nicht zu haben.

Im Augenblick fliegen kreative Buchungstricks auf, wir blicken in tiefe Finanzlöcher. Der herrschenden Politik fällt als Lösung nur Sparen, Sparen, Sparen ein. Vermögenssteuer, Besteuerung von Spekulation, von Flugbenzin sind tabu. Wer Schulreform und Entwicklung der Beratungssysteme will, ist spätestens jetzt gezwungen, sich auch mit Wirtschaftspolitik zu befassen.

Finanzloch in Hamburg gefährdet Schwarz-grüne Bildungspolitik (Kommentar)

Dazu noch ein allgemeiner Kommentar zur Bildungspolitik

Zur wirtschaftspolitischen Seite: Ulrike Herrmann und Peter Bofinger (Interview),

und noch ein Aspekt: Amortisierung von Bildung

Begrenzte Lernfähigkeit pädagogischer und sozialer Organisationen

Über die Schwierigkeit, Fachlichkeit und Kommunikation in »modern« rationalen Organisationen zu etablieren

Blickt man nach 15 bis 20 Jahren der Schulerneuerung auf die schulische Beratungslandschaft, muss man feststellen, dass trotz gelegentlichen Ausbaus der schulpsychologischen Dienste, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg und bei zahlenmäßig gutem Ausbaustand in Hamburg, trotz allfälligen Lobs für die immer wieder hervorgehobene »wichtige« Arbeit, mancher Zweifel bleibt, ob Beratung und Schulpsychologie auf einem guten Wege sind. In Niedersachsen wurden erst Stellen geschliffen – und sollen nun wieder neu geschaffen werden. Fraglich bleibt, wann und in welchem Umfang. In Thüringen wurde nach Erfurt viel versprochen, einiges gehalten und inzwischen wieder kassiert. Politik und Verwaltung scheinen unfähig oder nicht willens, die Problemkerne zu erfassen. Das hat Folgen.

Eine gute und verbesserte Personalausstattung ist sicherlich Grundvoraussetzung für Beratung – das ist trivial. Damit aus verbesserter oder guter Personalausstattung neue Möglichkeiten für Adressaten entstehen, bedarf es demokratischer Kommunikation. Die Fachleute gleicher und unterschiedlicher Berufszweige wie auch die Adressaten müssen in ein sach- und fachgerechtes Verhältnis zueinander gebracht werden. Dazu dient »Organisationsentwicklung«. Sie benötigt ein »Leitbild« und es muss durch sie entwickelt werden. Beinhaltet es grundlegende Widersprüche und Mehrdeutigkeiten, kommt es in zentralen Systemen, wie beispielsweise Schule und Jugendhilfe, zu Blockaden und Entwicklungsstörungen. Weiterlesen „Begrenzte Lernfähigkeit pädagogischer und sozialer Organisationen“

Ein Literaturhinweis zum Thema Amoklauf

Rezension

„Wenn Eltern und Familien ihre eigentlichen Erziehungsfunktionen nicht mehr oder nicht ausreichend wahrnehmen, sollten nach allgemeiner Auffassung die Schulen deren Defizite kompensieren. Eisenberg weist darauf hin, dass es nach dem Schulmassaker von Erfurt einen breiten Konsens darüber gegeben habe, dass es einen Zusammenhang zwischen einem einseitig leistungsfixierten Schulklima und der wachsenden Gewaltbereitschaft von Schülern gibt. Aber derartige Schlussfolgerungen aus dem Massaker seien schnell wieder beiseite gedrängt worden, als der sog. PISA-Schock die allgemeine Aufmerksamkeit erregte. „Seither wird weiter an der Leistungsschraube gedreht, und es wird standardisiert, evaluiert und modularisiert, was das Zeug hält. In dem Maße, wie Schulen sich als effiziente Zuliefererbetriebe für Industrie und Markt begreifen, werden sie verschärft zu Orten der Konkurrenz, der Selektion und damit auch der Kränkung. Da gleichzeitig bei den Heranwachsenden die Fähigkeit zur angemessenen Kränkungsverarbeitung immer weniger erworben wird, entsteht hier jede Menge schulischer Sprengstoff.““

Und hier der Link zur Buchbesprechung: Rezension des Buchs von Götz Eisenberg über Amok

Götz Eisenberg, Damit mich kein Mensch mehr vergisst. Warum Amok und Gewalt kein Zufall sind.
Pattloch Verlag 2010
303 Seiten
Preis: 16.95 Euro

Wer sollte Adressat der Schulpsychologie sein?

Schulpsychologie für das Kind oder / und die Schule?

Gelegentlich wird in Kreisen der Schulpsychologinnen und Schulpsychologen eine Debatte darüber geführt, wie sich denn die Schulpsychologie orientieren solle. Genauer: An wen soll sie sich richten und wie müsste sie konzipiert sein, um eine möglichst breite Wirkung zu erzielen? Soll sie sich direkt am Schüler und seinen Eltern, am so genannten Einzelfall, orientieren oder soll sie sich am Lehrer, an der Lehrerin und an der Schule orientieren und dort ansetzen, um auf diesem Wege Lehrer und Schüler zu helfen? Wie immer bei Entweder-Oder-Konstellationen, besteht die Gefahr, da zu spalten, wo etwas zusammengehört oder sich etwas ergänzen sollte. Meistens handelt es sich um unterschiedliche Ebenen eines Problems, die es beide verdienen, berücksichtigt zu werden. Weiterlesen „Wer sollte Adressat der Schulpsychologie sein?“

Die Schutzpatrone. Was wird aus dem Menschenrecht auf Zugehörigkeit?

Die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen an der Bildung ohne Aussonderung ist ein Menschenrecht. Seit einem Jahr gilt es auch in Deutschland. Damit sind Formen der Integration (was die herkömmliche Bezeichnung ist) auf der Grundlage einer Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs nicht mehr eine pädagogische und organisatorische Geschmacksfrage. Aber die deutsche Denkweise hat mit der neuen Situation ihre geregelten Schwierigkeiten. Ein Menschenrecht wird verwaltet. Weiterlesen „Die Schutzpatrone. Was wird aus dem Menschenrecht auf Zugehörigkeit?“

Missbrauchsverhinderung: Standards für Lehrer und Erzieher wichtig

Oder: Wieviel Beziehung braucht Erziehung?

Der Pädagogik-Professor Volker Ladenthin fordert in einem Interview mit der Welt Interview Volker Ladenthin Distanz zwischen Schülern und Lehrern und Erziehern. Erziehung dürfe nicht mit Beziehung verwechselt werden. So richtig, so fragwürdig: Da, so scheint es, ist das Sprachspiel doch ein wenig überfordert, die Verhältnisse klarer zu machen. Denn: Wie soll Erziehung ohne Beziehung möglich sein? Weiterlesen „Missbrauchsverhinderung: Standards für Lehrer und Erzieher wichtig“

Ist die Reformpädagogik kinder- und jugendgefährdend?

Die Reformpädagogik-Diskussion muss aufgenommen werden

Nicht nur die katholische Kirche ist unter Druck geraten. Sondern auch die Reformpädagogik. Das mit der ersteren etwas nicht stimmen konnte, wussten oder ahnten wir seit Jahren. Gehörte aber die Reformpädagogik nicht auf die Seite der Guten? Hoffnung derjenigen, die auf Emanzipation setzten? War Hartmut von Hentig nicht Garant und Leuchtturm einer humanen Grundlage der Pädagogik? Und sprach er nicht auch vielen Psychologinnen und Psychologen aus dem Herzen, die der Überzeugung waren und sind, dass sich Persönlichkeitsentwicklung und andere Ideale einer emanzipatorischen Psychologie sich in einer reformierten Pädagogik umsetzen ließen? Weiterlesen „Ist die Reformpädagogik kinder- und jugendgefährdend?“

Lob der Gleichheit

„Wir haben uns angeschaut, wie sich die Einkommensverteilung in 21 reichen Industrieländern auf diese Probleme auswirkt. Und wir haben herausgefunden, dass Länder, in denen die Kluft zwischen Arm und Reich gering ist, durchweg besser abschneiden. In den Ländern, in denen die Einkommensunterschiede groß sind, gibt es dagegen durchweg mehr Gewalt, mehr Gefängnisinsassen, mehr Teenagerschwangerschaften, schlechtere Schulabschlüsse, weniger soziale Mobilität. Die sozialen und gesundheitlichen Probleme sind größer. Die Mordraten sind in ungleicheren Gesellschaften zehnmal so hoch wie in gleicheren. Die Zahl der psychisch Kranken ist dreimal so hoch. In ungleichen Gesellschaften bringen sechs- bis achtmal so viele TeenagerKinder zur Welt.“

Lob der Gleichheit

Die Bilanz der Hochschulreform nach zehn Jahren ist verheerend

Mit dem Bologna-Prozess wollten vor zehn Jahren die europäischen Bildungsminister  die Hochschulen auf Eroberung der Welt trimmen. Sie sollten sich einfügen in den Plan, die EU zur erfolgreichsten Wirtschaftsregion der Erdkugel zu machen. Vorbild war die Überzeugung, Bildung ließe sich mit den Mitteln der betriebswirtschaftlichen Verzwergung des Lebens produzieren. Ein anderer Teil der Konzeption war, an den Beteiligten vorbei (Parlamente, Studierende, Beschäftigte) mit Denkfabriken und staatlichen Verordnungen die Erneuerung der Hochschulwelt effizient zu betreiben. – Und nun stehen alle vor dem Scherbenhaufen dieser Politik. Eine Zusammenfassung von Karl-Heinz Heinemann Weiterlesen „Die Bilanz der Hochschulreform nach zehn Jahren ist verheerend“