Ist die Inklusion die Steigbügelhalterin für die Privatisierung des Schulwesens?

Clemens Knobloch lässt mit seinem Aufsatz die Schwierigkeiten mit der Inklusion in einem neuen, und mir scheint, klarem Licht, verstehbar werden. Er bezweifelt die humanitäre Gesinnung, die allenthalben bekundet wird, wenn über Inklusion gesprochen wird. Die hoffnungsvollen (und anstrengungsbereiten) Befürworter der Inklusion müssen sich fragen, ob sie nicht einer Variante der neoliberalen Politik auf den Leim gegangen sind. Wie müssen Theorie und Praxis der Überwindung von Ausschluss aussehen, damit Inklusion mehr ist als ein moralischer Anspruch, mit dem Kinder, Eltern und Lehrer vorgeführt werden und zudem noch Agenten von Privatisierungspolitik werden?

In der neoliberalen Bildungsideologie ist das (kostenfreie) öffentliche Schulwesen als staatliche Restinstitution für diejenigen vorgesehen, die sich private Bildungseinrichtungen nicht leisten können. Der Staat hat sich nur um die zu kümmern, die nicht am Markt teilnehmen können. Viel zitiert wird in diesem Zusammenhang der OECD-Policy Brief Nr. 13 aus dem Jahr 1996, eine wahre Fundgrube nützlicher Ratschläge für Staatsakteure, die das öffentliche Bildungswesen gesund- oder besser kranksparen wollen, ohne dafür politische Rechnungen serviert zu bekommen (mehr dazu in Knobloch 2012: 115-118). Geraten wird da u.a. zum schrittweisen Absenken der angebotenen Schul- und Bildungsqualität im öffentlichen Bereich. Und wenn die auch noch politisch korrekt und moralisch geboten ist wie im Falle der Inklusion, kann man das getrost als das Ei des Kolumbus bezeichnen.

Inklusion in Hamburg: Jetzt doch höherer Förderbedarf

Die taz berichtet von einem vorläufigen Ende der Schönfärberei:

Auch in den Schuljahren 2013/14 und 2014/15 starten die Schulen mit – rückblickend bestätigt – fast Zweidrittel Unterausstattung. Rabe gewann Zeit, in dem er die Uni-Professoren Karl-Dieter Schuck und Wulf Rauer beauftragte, den LSE-Anstieg zu untersuchen. Doch auf deren Fazit – die LSE-Quote von 6,6 Prozent sei für eine Großstadt plausibel – gab er wenig, und ordnete für diesen Herbst die Einzel-Gutachten an – gegen den ausdrücklichen Rat von Rauer und Schuck.

Hier die Pressemitteilung der Schulbehörde

Die Schwierigkeiten mit der Inklusion – ein Übersetzungsproblem?

Nachlässigkeit in der Planung und Wunschdenken sind nach Auffassung von Otto Speck

entscheidend für den miserablen Zustand der Inklusion. Die Politik scheint demnach leichtfertig von einer Kostenneutralität der Reform ausgegangen zu sein. Und davon, dass sich die Praxis dann schon irgendwie zurechtruckeln werde, darf man vermuten. So könnte man sich auf „billige“ Weise Reformfedern an den Hut stecken, könnte die Rechnung gewesen sein. Und die Reformer mit dem Inklusionsherzen könnten die Träumer gewesen sein, die – ohne die Kosten zu kalkulieren – hofften, den Tiger reiten zu können. Und nun vor den Scherben einer technokratisch gesteuerten Billigversion einer Reform stehen, die mit einem humanen Anspruch von Inklusion nicht übereinzubringen ist.

Zwanzig Jahre Salamanca-Erklärung

Sie brachte uns die Inklusion

Nein. Sie hätte sie uns bringen können, wenn … Sie brachte sie uns  nicht. Sie brachte uns eine Verfeinerung des selektiven Schulsystems in Deutschland. Und damit eine Zunahme von Widersprüche und Unhaltbarkeiten.

Brigitte Schumann beschreibt das näher

über forum-kritische-paedagogik.de

Überlegungen zur Inklusion

Lange gab es hier nichts Neues zu lesen. Obwohl doch einiges an Lesenswertem in diversen Zeitungen erschien. Ich bastele an einem neuen Artikel. Es gab viel Fußball und einiges andere mehr, womit man sich beschäftigen kann, wenn man seinen Blog nicht gerade auffüllen will.
In der „Welt“ erschienen in den letzten Tagen zwei Artikel, die mir recht gut wiederzugeben scheinen, was bei der Umsetzung der Inklusion viele Lehrer an den Rand der Überforderung bringt.

Artikel 1

Artikel 2

Ich teile nicht alles, was in den Artikeln steht. Was mir aber Fakt zu sein scheint, ist, Weiterlesen „Überlegungen zur Inklusion“

Faktische soziale Exklusion mit überwältigender Inklusionsrhetorik

„Studien weisen nach, dass unter den gesellschaftspolitischen Bedingungen wachsender sozialer Ungleichheit Angehörige der oberen sozialen Schichten zunehmend sozial schwache Bevölkerungsgruppen ausgrenzen. Die sozial „abgehängten“ Schichten reagieren auf den Verlust sozialer Teilhabe und dem daraus resultierenden Mangel an politischen Wirksamkeitsüberzeugungen mit Hoffnungslosigkeit und Desinteresse an politischer Partizipation.“

Der Artikel kann auch über das Forum Kritische Pädagogik bezogen werden.