Bildung als Entmündigung

Man staunt – und mag nicht glauben

wie weit die Entmündigung durch Lernen schon fortgeschritten ist. Ministerien, Gewerkschaften, das große Publikum – WIR – nehmen es hin. Wir sind schon so an unsere Wirkungslosigkeit gewöhnt, dass wir die Übergriffe nicht merken, geschweige denn uns dagegen wehren. Von wegen Selbstwirksamkeit. Wir fürchten uns vor unserer eigenen Scham, die uns angesichts unserer Ohnmacht befällt, befallen würde, wenn wir uns denn wehren würden. Das Schweigen erspart uns die Scham – erstmal zumindest. Wenn das dicke Ende gekommen ist, werden wir fragen: Wie konnte das passieren?

wie die modernen online-Lernmodelle Selbstbestimmung unterlaufen

Freihandelsabkommen für Bildung? Darf das wahr werden?

Alles wird zur Ware, auch Bildung, wenn wir uns nicht zu Wort melden und Denkzettel verteilen

Hier war schon oft davon die Rede, dass die Einfluss- und Steuerinteressen der Wirtschaft mehr und mehr von den Bildungsbehörden übernommen werden. Sie sind eine Gefahr für Bildung, die das Individuum stärkt, seine Erkenntnisfähigkeit voranbringt und seine Urteilskraft unterstützt. Nicht zuletzt leidet auch Beratung unter diesen Vereinnahmungen. Beratung in Schule (wie auch in anderen Bereichen der Gesellschaft) ist davon bedroht, zum Gehilfen eines verkürzten Bildungsverständnisses zu werden; teilweise hat der Prozess der Aushöhlung schon begonnen.

Wenig ist im Bewusstsein von Fachleuten und der Öffentlichkeit, dass das Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) der einseitigen Ausrichtung des Lernens an wirtschaftlichen Verwertungsinteressen von Konzernen und der Formung eines marktkonformen Sozialcharakters weiteren Schwung verleihen könnte. Bis hin zu einer Gefährdung der Demokratie. Wer mag, kann sich mit den folgenden Links in das Thema einarbeiten.

Aus der jungenwelt hier und hier, aus dem Tagesspiegel, aus der Zeit, aus einer Artikelsammlung der Süddeutschen, vom Verband für Bildung und Erziehung, von den Netzfrauen.

Wer etwas über den Segen von TTIP erfahren möchte, gebe „ttip bildung“ in seine Suchmaschine ein. Er findet dort eine Reihe von gesponsorten Links.

Für den Widerstand gegen TTIP und seine Anwendung auf Bildung kann es eine Chance sein, wenn die Grünen in Hamburg in eine Koalition mit der SPD einsteigen. Die Grünen hatten sich vor den Wahlen gegen TTIP ausgesprochen. Und brauchen dafür sicherlich viel Rückhalt und Unterstützung aus Schule, Hochschule und Bevölkerung, damit sie nicht schwach werden … Auch das ist ein Grund, sich mit dem Thema zu beschäftigen, mit Freunden, Nachbarn, Kollegen und Politikerinnen ins Gespräch zu kommen.

Extremismus der Mitte

Psychologische und psychische Aspekte des Rechtsextremismus

Fremdenfeindlichkeit, Aggressionsbereitschaft setzen auf „bügerlicher Kälte“ auf. Die Mitte der Gesellschaft ist kein Gütesiegel. In einem lesenswerten Aufsatz setzt sich Götz Eisenberg mit der Innenwelt der PEGIDA uns ihren Sympathisanten auseinander.

Erfolgreiche Inklusion – eine Fantasiereise?

Inklusion als Kaisers neue Kleider

Die Hamburger Schulpolitik lebt in ihrer Selbstdarstellung von Erfolgsmeldungen, meistens quantitativer Art. Das bleibt nicht ohne Erfolg. So wurde auf dem Schulpsychologie-Kongress der Sektion Schulpsychologie immer mal wieder das Hamburger Konzept der Inklusion bestaunt. Kritik ist meistens nur noch verzagt zu hören, die Belastungen werden verschwiegen. Das es auch anders geht zeigt ein Aritkel in der taz.

Vielleicht passt auch das

Die Falle des »Nur-Gut-Meinens« – Urstoff für Lehrer, Psychologen, Sozialpädagogen?

Angekommen in der »Schönen, neuen Welt« von Aldous Huxley
In der Ausgabe 37 des »Freitag« (2014) fand sich ein Artikel, der sich mit den Fragen der Beeinflussung der Bürgerinnen und Bürger durch Regierungen befasst. Anlass war, dass das Kanzleramt eine Stellenanzeige ins Netz gestellt hatte. Es waren Posten für »wirksames Regieren« zu besetzen, um den »Nutzen für Bürgerinnen und Bürger (zu) erhöhen«. Die Autorin Katja Kullmann berichtet, dass staatliche Stellen auch international damit beschäftigt seien, mit Hilfe von Marketing- und Werbestrategien Bürger/innen zu Entscheidungen zu »schubsen« (nudging), die zu seinem Besten sein sollen.

Die Vorstellung der Politiker und Experten ist, dass das Differenzierungsvermögen des Bürgers in der unübersichtlichen Welt nicht ausreicht, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können.
Bemerkenswert daran ist, wie ohne Debatte der so genannte »Libertäre Paternalismus« – man könnte auch sagen: die fürsorgliche Belagerung – zu einer Maxime staatlichen Handelns wird. Wir werden darin nicht als mündige Bürger gesehen, die urteilsfähig, die zu informieren sind, die sich informieren können und wollen. Nein, wir sind in diesem Entwurf unmündige Kinder, die der Führung bedürfen. „Sie sehen uns Bürger nicht als Leute, mit denen man reden oder streiten kann, sondern als Problemfälle, die überarbeitet werden müssen,“ zitiert sie den Journalisten Brendan O’Neill.

Weiterlesen „Die Falle des »Nur-Gut-Meinens« – Urstoff für Lehrer, Psychologen, Sozialpädagogen?“

Für Beratung wird es eng …,

… zumindest für diejenigen, die unter Beratung eine prozessorientierte, personennahe, ergebnisoffene, weisungsunabhängige Unterstützung verstehen

Wie hier schon mehrfach beschrieben und beklagt ist der obengenannte Beratungsansatz in der Hamburger schulbezogenen Beratung gefährdet. Konzeptionelle Schwächen, fehlendes Wissen über Nutzen und Rahmenbedingungen prozessorientierter Beratung sowie ein der Diskussion unzugänglicher Rausch der Funktionalisierung sind dafür verantwortlich. Ich beschreibe das noch einmal in dem Aufsatz Subjektorientierte Beratung in der Krise

Darin ist noch nicht berücksichtigt, dass  den Beratungsabteilungen der ReBBz mit einer neuen Dienstanweisung die Bearbeitung der Anträge auf Schulbegleitung zugewiesen wurde. Damit liegen die Gewährung oder Nichtgewährung von Hilfen einerseits und freie, unabhängige Beratung andererseits in einer Institution – beratungstheoretisch ein Unding.

Dabei war (und ist, sofern sie noch respektiert ist) unabhängige, weisungsungebundene Beratung gerade auch bei öffentlichen Trägern (jeder sollte sie sich leisten und Zugang zu ihr haben können) ein Fortschritt und gesellschaftlicher Konsens (vgl. Katharina Gröning). Weiterlesen „Für Beratung wird es eng …,“

PISA als Putsch

Wer über die strategische und gesellschaftliche Bedeutung von PISA Hypothesen sucht und sich einen Reim auf das immer wiederkehrende Getöse um Durchschnitte und Rangplätze machen möchte, findet in einem Interview, das die Wirtschaftswoche mit Professor Volker Ladenthin führte, reichlich Anregung. Ein Fazit ist: Was PISA misst, ist nicht das, was die Bundesländer in ihren Verfassungen als Ziele von Bildung definieren. Und weiter: Die Auswechselung der Inhalte und Ziele ist ohne öffentliche Debatte und ohne parlamentarische Beschlüsse vonstatten gegangen.

Steuerung in der Bildungspolitik

Jochen Krautz im Interview

Wem es tatsächlich um die Weiterentwicklung von Humanität, Demokratie und einer gerechten Wirtschaftsordnung geht, der kann nicht zusehen, dass die Grundlagen dafür derart untergraben werden, wie dies derzeit geschieht. Weder „homo oeconomicus“ noch Erleichterungspädagogik haben etwas mit guter Bildung zu tun, dagegen müsste es gerade von progressiver Seite eigentlich einen Aufschrei geben. Insofern muss man auch all die rot-grünen Landesregierungen schon einmal fragen, welche Ziele sie eigentlich verfolgen. Eine Lösung für die vorhandene Misere versprechen jedenfalls weder Titelinflation noch Ökonomisierung. Was wir stattdessen brauchen, sind Schulen, die ermutigen und – statt auszugrenzen -einbeziehen. Diese Schulen aber, die alle Kinder und Jugendlichen auch zu Leistung und Teilhabe ermutigen, brauchen bessere Ressourcen, mehr Lehrer, mehr Zeit und Ruhe, diese Arbeit auch zu leisten etc.

Das ist nur ein kurzes Zitat aus einem einem längeren Interview, das vor Kurzem auf den Nachdenkseiten  veröffentlicht wurde. Jochen Krautz wurde hier schon öfter erwähnt. Er beschreibt präzise, wie das Schul- und Hochschulwesen mehr und mehr durch angebliche Wirtschaftlichkeit, die sich nicht zuletzt in einer Entwertung von Pädagogik und Beziehungsarbeit ausdrückt, verkommt. Was als unvermeidliche (alternativlose) so genannte Sparpolitik oder Optimierung von Schule und Hochschule daherkommt, ist letztlich die Abschaffung einer Pädagogik und Psychologie, die Menschen als Subjekte und damit als Gestalter ihrer Person und Umwelt betrachtet – stattdessen sollen sie sich darin üben, freiwillig tun, was von ihnen verlangt wird.

Man prüfe, inwieweit die eigenen Arbeitsbedingungen nach solchen Leitlinien „reformiert“ werden. Das Interview mit Jochen Krautz und seine Artikel sind dabei hilf- und lehrreich.

Die neoliberalen Deformen in Schule werden nicht erkannt

Im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Bereichen verlaufen Entwicklungen in der Schule zeitverzögert. Während vielerorts Kritik am neoliberalen Denken und Handeln nicht mehr zu leugnen ist, ist diese Kritik in der Schule noch längst nicht angekommen. Zum einen, weil neoliberale Veränderungskonzepte, die vor 15 bis 20 Jahren angestoßen wurden, erst jetzt in die Schule Einzug halten, und zum anderen, weil sie als solche nicht erkannt werden. Denn es gelingt den entsprechenden »Reformbemühungen«, sich notwendige Veränderung und berechtigte Kritik an den bestehenden schulischen Zuständen zunutze zu machen. So wird Schule zu einer maßgebenden Agentur des Neoliberalismus, und es besteht die Gefahr, auf dem Weg über Bildung und Erziehung Gesellschaft noch langfristiger zu durchdringen und generationenübergreifend zu prägen.

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