Nachhilfe in Methodenlehre und Statistik

Am Beginn meines Psychologiestudium standen sehr, sehr trockene Statistikkurse. Im zweiten Teil des Studiums war Statistik u. a. wichtig geworden, um die Qualität und Aussagekraft von Studien und Untersuchungsdesigns einschätzen zu können. Auch wenn ich von mir nicht behaupten kann, ich sei ein Freund der Statistik geworden, so ist doch so viel hängengeblieben: Bleibe wachsam, stelle Fragen, lass dich beraten. Statistik kann auch ein Instrument der Manipulation sein. Die Unstatistik des Monats zeigt das sehr schön. (Und natürlich gilt es auch hier, aufmerksam zu bleiben: worüber man keine Daten hat, kann man auch keine statistischen Aussagen machen, wenn ich es richtig sehe).

Datenqualität offenlegen und diskutieren

Umso verblüffter war ich, als ich schon am Beginn der Pandemie einen verzerrenden „Datensalat“ serviert bekam. Mein Eindruck: So hätte ich nie mein Diplom bekommen. Wie konnte es sein, dass Medien und Institute, die doch mit versierten Fachleuten ausgestattet sind, das durchgehen lassen?

Hier berichtet Norbert Häring von weiteren methodisch-statistischen Schwachstellen. Wem nützt es, wenn die Qualitätsmedien das durchgehen lassen und wenn die Verlässlichkeit der Daten nicht offengelegt wird?

Die Allgegenwärtigkeit von Propaganda – Edward Bernay und die Psychologie der Manipulation

Wie sollen psychologische Erkenntnisse genutzt und verwertet werden? In unserem Bewustsein und Hoffen mögen wir glauben, dass sie uns reifer und unabhängiger machen mögen. Man möchte glauben, dass sie der Emanzipation der Menschen, ihrer Urteils- und Handlungsfähigkeit dienen solle. Aber dient sie der Mündigwerdung? Oder geht „die“ Psychologie, die die heute verwendet und in Organisationen gebraucht wird, nicht von einem Menschenbild aus, dass seine Unmündigkeit als Geburtsfehler voraussetzt und daraus ableitet, dass Menschen geführt und betreut werden müssen und sollten? Viele Kolleginnen und Kollegen gehen davon aus, dass es so oder ähnlich ist. Sie verstehen ihren Humanismus so, dass sie die Gescheiterten, Zweifelnden, Fragenden, Verzweifelten wohlwollend und wissend als Ahnunglose betrachten und sich selbst als verantwortungsvolle Führer’innen. Sie bespielen die Herde aus einer Grundhaltung der Rechtschaffenheit mit einem Anspruch, der sich in der Regel einer Kritik nicht stellen muss. Sie fügen sich in herrschaftliche Ambitionen ein, ohne dass sie ans Licht kämen.

Lenkung und Steuerung sind in diesem Welt- und Menschenbild notwendig, also auch verschiedene Formen des Autoritarismus. Psychologie ist fest in die Organisierung von Gesellschaften in diesem Sinne integriert. Und damit auch in ein Konzept der Propaganda – was sich wohl die wenigsten klarmachen.

Propaganda als zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft ist uns nicht so präsent. Propaganda betreiben die anderen. Das es so nicht ist, zeigt anschaulich ein Feature im Deutschlandfunk über Edward Bernay. Der Rückblick in die 20er und 30er Jahre erleichtert es, Propaganda heute aufzuspüren. Propaganda war ein von Bernay selbst benutzter Begriff, der sich aber im Zuge der Nazipropaganda verschlissen hatte. Man kam dann auf die Idee das Ganze „Public-Relations“ zu nennen.

Das Feature kann unter dem genannten Link nachgehört werden. Das Manuskript kann man sich vom Deutschlandfunk schicken lassen (leider ist es bis heute nicht im Netz zugänglich).

Psychologie im Neoliberalismus – Psychologie der Manipulation

Oder schlägt sich die Psychologie, die Psychologin, der Psychologe auf die Seite der Aufklärung?

Der Psychologe Rainer Mausfeld erläutert in einem ausführlichen Interview mit den Nachdenkseiten die psychologischen Mechanismen, die zur Stabilität und Akzeptanz von Gesellschaften und Institutionenvon beitragen, die der großen Mehrheit der Bevölkerung schaden. So ist sie – auch im Bildungs- und Ausbildungsbereich – wesentlich mit der Bildung von Humankapital befasst – und nicht mit Persönlichkeitsentwicklung und Selbstbestimmung und Aufklärung.

Wenn wir nämlich die Dinge besser verstehen, könnte es ja passieren, dass wir beginnen, Fragen zu stellen, die den Status des jeweiligen Establishments gefährden könnten.

Fragmentierung – ob durch bildungsbürgerliches Wissen, durch eine PISA-orientierte Schulausbildung, durch ein “kompetenzorientiertes“ Studium oder durch Medien – ist also in diesem Sinne keineswegs Zufall, sondern ein beabsichtigter Prozess, eine Art Herrschaftsinstrument.

Eine solche Haltung kann sie jedoch nur um den Preis psychischer Deformationen, insbesondere sozialer Ängste und Depressionen, einnehmen.

Das Gespräch bietet viele Anhaltspunkte für Selbstbefragung und Diskussion.

Den Blick auf uns zu richten, bedeutet zugleich zu erkennen – und das ist ganz im Sinne der Aufklärung –, dass wir es sind, die für unser Handeln und Nicht-Handeln und für die Gesellschaft, in der wir leben, verantwortlich sind.

Nudging: Freundlich Hilfe oder Manipulation?

Ein boomender Markt für Psychologie ist das Nuding (Anschubsen). Es kommt in der Regel freundlich oder unbemerkt daher. Aber wie immer in der durchkommerzialisisierten und kontrollierten Welt ist es nicht uneigennützig. Und es setzt auf gegebenen Verhältnissen, die in ihrer Entstehung und Weiterentwicklung nicht in Frage gestellt werden, auf. So stellt es nicht die Frage, ob nicht verbesserte Bildung oder ein anders organisiertes Gesundheitswesen ähnliche Wirkungen haben könnten – und noch dazu einen demokratischen Kollateralnutzen.

Gerd Gigerenzer, Psychologe und leitender Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, unterzieht den »libertären Paternalismus« einer umfassenden Kritik (vgl. Review of Philosophy and Psychology, September 2015). So überschätze dieser systematisch die angebliche »Irrationalität« von Menschen. Die von ihm unterstellten »wohlwollenden Entscheidungsarchitekten« seien nicht vor Irrtümern geschützt. Gigerenzer verweist hier auf problematische Nudge-Praktiken im Zusammenhang mit Grippeimpfungen und Brustkrebsvorsorge. Und schließlich gebe es ein empirisch bewährtes und viel zuverlässigeres Mittel, Entscheidungskompetenzen zu fördern und gesundheitsschädliches Verhalten zu begrenzen: umfassende Bildung.

Weitere Überlegungen dazu in diesem Artikel von Michael Zander

Wikipedia: keine verlässliche Bildungs- und Informationsplattform

Nicht wenige von uns nutzen Wikipedia als vermeintlich neutrales und professionelles Bildungsmittel

Jedoch sind Zweifel hinsichtlich der Qualität angebracht. Es gibt ernsthafte Kritik an der Verlässlichkeit von Wikipedia-Artikeln

Die Manipulatoren in der Wikipedia profitieren davon, dass die Wikipedia vom unbedarften Leser als professionelles Lexikon wahrgenommen wird, was die Wikipedia in großen Teilen nie gewesen ist. Anders als beliebige Zeitungsartikel genießt sie aber dennoch eine hohe Reputation!

Der Ruf der geisteswissenschaftlichen Artikel leidet besonders unter den manipulatorischen Aktionen einiger Autoren.

Mehr dazu in diesem Artikel der Nachdenkseiten