Psychische Gesundheit durch Corona-Maßnahmen gefährdet

Nebenwirkungen als Hauptwirkung

Die Zahlen der Versterbenden entsprechen denjenigen der Vorjahre. Das ist verstörend. Zum einen, weil es in den vergangenen Jahren nicht die Sorgen der Politik gab, wie sie sie uns in diesen Wochen darstellt. Dieses Sterben war in den normalen Gang der Dinge einsortiert (ich will nicht sagen, dass das in Ordnung war). Zum anderen, weil aus den vergangenen Jahren und aus den letzten neun Monaten der Pandemie nicht das gelernt wurde, was man hätte lernen können. Und man hätte viel aus den Übungen der letzten Jahre lernen können, die staatliche Stellen, Konzerne und Gesundheitsorganisationen veranstalteten – aus welchen Motiven auch immer. Szenarien einer Pandemie wurden teilweise so durchgespielt, wie sie sich nun ereignen. Man mag nicht glauben, dass es einen entsprechenden Plan gegeben haben sollte. Man muss aber fragen: Wie konnte das passieren, was wir jetzt erleben, wenn es keine Absicht war? Welche Strukturen haben das ermöglicht oder herbeigeführt?

Gesundheit über alles? – Doch Menschen werden beschädigt

Wir hören sehr viel davon, dass Gesundheit über allem stehe, und dass es das sei, was die Regierenden antreibe. Aber was seit Langem bekannt ist, findet nach neun Monaten Pandemieerfahrung noch immer keinen Niederschlag: Der Schutz der am meisten Gefährdeten ist löchrig. Und ebenso findet kaum Beachtung in der Maßnahmenplanung, dass die Art und Weise der Lebensrettung per Lockdown, Ausgrenzung von Kritiker’inne’n u.ä.m. viele Menschen beschädigt und wohl auch Leben kostet.

Eine öffentliche Risikoabwägung,

die die Menschen in die Urteilsbildung einbezieht und damit auch vertrauensbildend wäre, findet nicht statt. Wie tief muss die Sackgasse sein, dass Regierende sich nicht zu der Erkenntnis durchringen können, dass nun endlich die Kräfte auf den Schutz der Verletzlichen konzentriert werden müssen? Und dass ansonsten eine maßvolle Politik der Einschränkungen und Rücksichtnahme vonnöten ist. Aber nicht eine Außerkraftsetzung von Parlament, Wissenschafts- und Meinungsfreiheit. Und dass der ganze Mensch mit den psychischen und sozialen Aspekten seiner Existenz in die Abwägungen einbezogen werden muss?

Das Gesundheits- und Altenpflegesystem samt der in ihnen arbeitenden Menschen wurde nicht gestärkt, die schon immer zu niedrigen Intensivbettenzahlen wurden de-facto wegen Personalmangels um weitere 3000 reduziert. Nicht auszuschließen ist, dass im Kontext einer auf Profit und Marktrentabilität angelegten Gesundheitspolitik und -praxis es zu ökonomischen Fehlanreizen – etwa hinsichtlich des Freihaltens von Betten oder der Belegung mit Covid-Patient’inn’en (Prämien) kommt. Nicht einmal ein Moratorium für die Empfehlungen von Bertelsmann-Stiftung und Leopoldina, Krankenhäuser zu schließen, gibt es. Es scheint stramm daran gearbeitet zu werden, dass es so wie es ist, am besten ist – alternativlos.

Systematische Missachtung von Beziehungsarbeit

Was in der Politik keine erkennbare Rolle spielt, ist die Tatsache, dass menschliche Existenz an Bindung und Beziehung gebunden ist. Offenbar sind Vorstellungs- und Einfühlungsvermögen im Zuge der marktkonformen Ausrichtung von Mensch und Gesellschaft verloren gegangen. Stattdessen scheint eine Sicht vorzuherrschen, die daraus besteht, in Menschen eine Funktion der Steuerungsabsichten der Oberen zu sehen. Das lässt mich fürchten, dass wir uns schrittweise in Richtung eines offen Menschen verachtenden Regimes entwickeln, in dem sie nichts mehr wert sind.

Dünne Fäden reißen

Die Behinderung der Arbeit von Personen und Organisationen, die Beziehungsarbeit leisten, bleibt nicht ohne Folgen. Berichtet wird in der FAZ eine enorme Steigerung psychischer Erkrankungen und Überlastungen. Viele Menschen haben durch den Wegfall von Beziehungsarbeit ihren Halt und ihre Stabilität verloren. Schon unter „normalen“ Vor-Corona-Bedingungen hingen diese am seidenen Faden. Eine Situation, die von der gewählten Politik so konzipiert war und gesellschaftlich mindestens hingenommen wurde. Gerade auch in dieser dem Anschein nach effizienten, tatsächlich aber in vielerlei Hinsicht auszehrenden Politik dürften tiefere Gründe für die heutige Krise liegen. Und diese ist nicht nur eine Virus-Krise, sondern eine politische.

Grenzüberschreitungen und Auszehrung

Gerade an die Grenzen und wenn möglich immer ein wenig darüber hinauszugehen und daraus einen kurzfristigen Nutzen zu ziehen, zeugt nicht von Weitsichtigkeit, ist aber Politik der vergangenen Jahrzehnte. Die Formierung der Gesellschaft und ihrer Individuen unter das Diktat der ökonomischen Rationalität, deren Abtrennung von menschlichen Existenzgrundlagen, hat Charaktere auf entscheidenden Leitungsebenen erzeugt, die im Menschen eine Funktion und ein Objekt sehen. Rührt sich da noch so etwas wie Eigenleben, Anspruch auf Urteilsfähigkeit und Aufklärung, wird das zu einer Störung, die es auszumerzen gilt.
Angesichts der Schäden für die Psyche vieler Menschen, die die Corona-Maßnahmen erzeugen und die im FAZ-Bericht oder auch hier deutlich werden, muss die Frage diskutiert werden, was uns und der Politik psychische Gesundheit wert ist. So wie dieses Thema zurzeit behandelt wird, muss man befürchten, das sie abgetan werden, wie in Kriegs- und Nachkriegszeiten Traumata „vergessen“ oder verharmlost wurden. So wie über die Spätfolgen einer Virus-Erkrankung geredet wird, müssen wir auch über Spätfolgen auf mentaler Ebene reden und nachdenken.

Schule

Es ist schwer, ein einigermaßen verlässliches Bild über die Folgen der Corona-Politik in Schule zu gewinnen, vor allem, wenn sie über die fehlende Ausstattung mit Computern etc. hinausgehen. Die Folgen dürften gravierender sein als Politik und Medien wahrhaben möchten. Die Turbulenzen finden ja nicht in einem kurzen überschaubaren Zeitraum statt. Sie stellen eine Dauerbelastung dar, die abschwellen und Hoffnung auf Besserung aufkommen lassen kann, aber auch wieder in Frustration übergehen kann, wenn neue „Flexibilität“ gefordert ist .
Allein schon, dass Planungen kaum noch möglich sind, sorgt für Belastungen, die an die Substanz gehen können, je nach personellen und materiellen Ressourcen, die zur Verfügung stehen. Wer Zeit- und materielle Polster hat, kann sich leichter umstellen als derjenige, der sie nicht hat. Und gerade dort, wo Wohnraum knapp ist, dass Familieneinkommen und Unterstützungszahlungen gering sind, wachsen die Spannungen und Belastungen. Auch hier, wo, schon immer politisch gewollt, die Verknappung als Erziehungs- und Drangsalierungsmittel eingesetzt wurde, reißen leicht die Fäden, wie in der therapeutischen und Beratungsarbeit. Sind die Folgen beabsichtigt und haben sie einen verborgenen Sinn? Etwa denjenigen, dass sie die Ausgrenzung von „Überflüssigen“ den Starken und Herrschenden nutzen? (Etwa in dem Sinne, wie man sich fragen kann, ob die Frage der Chancengleichheit jemals ernsthaft thematisiert wurde, wenn man in Betracht zieht, dass die soziale Herkunft immer noch über den Bildungserfolg entscheidet).

Wechselseitige Erwartungen und Frustrationen


Erwartungen von Unterstützung und Mitarbeit von Schulen und Lehrkräften stoßen auf Eltern, die selbst am Rande der Überforderung stehen und ihrerseits Unterstützung und Entgegenkommen erwarten. Lehrer’innen sind unterschiedlich gewohnt, gewillt und in der Lage, Umstellungen für den Unterricht vorzunehmen. Und das wiederum hängt von organisationellen und institutionellen Verfasstheiten der Schule(n) ab. Tatsächlich oder vermeintlich sehen sie Handlungsräume eingegrenzt, sehen sich für Entscheidungen nicht zuständig oder können tatsächlich einzelne Vorschläge in ihren Rückwirkungen auf das System nicht abschätzen oder verantworten und können sich nicht eindeutig gegenüber Eltern und Schüler’inne’n verhalten.

Entlastungsmöglichkeiten fallen weg


Supervision für Lehrer’innen und Leitungsmitgliedern wird unter Corona-Bedingungen zum Luxus, obwohl sich doch gerade durch Reflexion und Orientierung und Handlungsfähigkeit gewinnen lassen. Es kommt zu Terminabsagen, zu neuen Vereinbarungen, die aber ebenfalls sehr fragil sind.
So erhält die Vorstellung von der Schule als bürokratisches Monster neue Nahrung, was einlädt zum üblichen Bashing und wohlfeilen Forderungen, dass man ein anderes Regime (Wirtschaft, des Zentralismus oder des starken Mannes) brauche. Erlösungshoffnungen.

Wie wollen wir leben?


Ausgangspunkt der Überlegungen hier war, dass die psychischen und mentalen Schäden und Verletzungen, wie sie durch die Corona-Maßnahmen hervorgerufen und in Kauf genommen werden, in der Abwägung von Risiken und Nebenwirkungen keine Rolle spielen, obwohl sie deutlich sich in die Alltagserfahrungen einschreiben. Es wäre nützlich die Kolleg’inn’en würden die Folgen für den Beratungsalltag dokumentieren, sie in Berufsverbänden diskutieren und einer Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Zweifellos geht es dabei nicht allein darum psychische Schäden zu vermeiden. Es geht auch darum, dass mit diesen Themen darüber entschieden wird, in welcher Art Gesellschaft wir leben werden.

Schlamperei/Kalkül nach Zahlen

Passend zum vorangehenden Beitrag ist dieser hier

Doch warum wird immanent gedacht, die harmlose Zahl der gleichbleibenden belegten Betten nicht genannt? Liegt es an der Lust an der Panik durch das Divi-Zentralregister, das jetzt Politik spielt und sich ohne jedes politische Mandat, ohne jede demokratische Legitimation zum Gesundheitsdiktator aufschwingt oder wie jetzt “Intensivmediziner” wie Prof. Uwe Janssens, Präsident des Divi Zentralregisters, schamlos und brutal autoritärste Maßnahmen einfordern? Warum schweigt dieser Mann zum Versagen der deutschen Krankenhäuser, ausreichend viele Intensivbetten so wie im August 2020 bereitzuhalten? Warum schweigt er dazu, dass laut Divi-Register die Zahl der Intensivpatienten am 21. August oder am 17. September fast genauso niedrig war wie am 10. Dezember 2020?

Diese Fragen sollten wir allen stellen, die vor lauter Schreck bereit sind, den Kopf in den Sand zu stecken

Fatale Krisenkommunikation

Die Katastrophe naht. Oder vielleicht doch nicht? Oder fand sie vielleicht schon zwischen 2013 und 2019 statt?

»Personalmangel: Intensivstationen am Limit

von Anne Ruprecht

Der Mangel an Pflegepersonal führt zu erheblichen Konsequenzen auf den Intensivstationen in norddeutschen Kliniken. Nach Recherchen von Panorama 3 können viele vorhandene Betten aufgrund fehlenden Personals nicht belegt werden. Vor allem in Niedersachsen und Bremen sind die Engpässe zum Teil erheblich. Teilweise kann bis zu einem Drittel der vorhandenen Intensivbetten nicht genutzt werden, da die notwendigen Intensivpflegekräfte fehlen.«

Entschuldigung. Das ist eine Meldung des NDR vom 11.12.2018, abgerufen am 10.12.2020

»Offenbar haben die seit Januar 2019 geltenden Personaluntergrenzen das Problem an einigen Häusern noch verschärft. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft bewertet die neuen Grenzen angesichts von 17.000 unbesetzten Stellen „hoch problematisch“. Die Untergrenzen führten dazu, dass „zusätzliche Versorgungskapazitäten abgemeldet werden und Versorgungsengpässe entstehen“, sagt Georg Baum, Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).«

heißt es beim NDR am 11.2.2020

Am 6.4.2018 meldet die WAZ:

»Intensivstation immer öfter voll«

»Unbefristeter Arbeitskampf an der Berliner Charité hat begonnen

Mit der Arbeitsniederlegung will Verdi einen Tarifvertrag durchsetzen, der eine bestimmte personelle Mindestausstattung der Stationen mit Pflegepersonal vorsieht.«

Hm. Die Meldung stammt vom 31.5.2015. Auch schon etwas länger her.

Solche Meldungen finden sich zuhauf, wenn man „Intensivbetten“ in die Suchfunktion eingibt.

Ist es vielleicht doch nicht das böse Virus, das uns zurzeit eine Reihe von Kalamitäten beschert, sondern eine Politik der Ökonomisierung des Krankenhauswesens in den vergangen Jahren? Die Berater’innen im Kanzleramt sind diejenigen, die für eine Studie der Bertelsmann-Stiftung Schließungen von Krankenhäusern empfehlen. Und wohl ebenso wichtig: Was wurde an den Arbeitsbedingungen der Pfleger’innen und Ärzt’inn’en verbessert? Die am Limit arbeitenden Krankenhäuser – eine Naturkatastrophe, wie wir aus den Regierungen hören?

In einem Forum des Ärzteblatts

wird berichtet, dass die Grenzen der Auslastung in den vergangenen Jahren immer wieder erreicht, Patient’inn’en abgewiesen und Operationen verschoben wurden. Niemanden in Medien und Politik beunruhigte das besonders. Verwiesen wird auf einen Artikel in der Jungen Welt. Wer bei dieser Zeitung Ausschlag bekommt, findet andere Medien, die szum selben Ergebnis kommen.

In diesem Jahr ist alles anders. Plötzlich geht es um Leben und Tod. Es wird noch nachklingen und vielleicht erst in späteren Jahren zu Bewusstsein gelangen, dass hier ein Widerspruch verborgen ist: Warum ging das in den vergangenen Jahren durch, obwohl doch unterschiedlichste Organisationen – aus welchen Motiven auch immer – mit der Reaktion auf pandemische Ereignisse in großen Übungen befasst waren? (Lesenswert: Paul Schreyer, Chronik einer angekündigten Krise). Ließ man es etwa darauf ankommen, um im Falle des Falles einen Great Reset machen zu können, den Umbau der Gesellschaft, den auch Frau Merkel will? Sie und viele andere liebäugeln schon länger mit Formen einer gelenkten Demokratie. Der Begriff von der marktkonformen Demokratie ist unvergessen. Demokratie, Teilhabe, offene Diskussionen stören vermutlich den Gang zu einem verantwortungsvollen Kapitalismus, wie Vordenker ihn in Aussicht stellen. Als verführerisches Beispiel einer erfolgreichen Wirtschaft und Krisenbewältigung wird uns China vorgehalten. Wenn wir da mithalten wollen, müssen wir werden wie sie, ist die Botschaft.

Wo war die verantwortungsvolle Regierungsführung in der Vergangenheit?

Seit vielen Jahren haben wir es in der Regierungspolitik mit Desinteresse und Verantwortunglosigkeit gegenüber der Mehrheit der Bevölkerung zu tun, die – wenn auch mit zeitweiligen Überlastungen für Patienten, Angehörige und Personal – sich als Teil von Normalität und Selbstverständlichkeit (da gab es nichts zu fragen) etabliert hatten. Schlimm genug und das ist nicht schön.

Nun aber in diesem Jahr und bei dieser „Katastrophe“ besinnen sich Regierungen eines Besseren. Ihr Verantwortungsbewusstsein und ihr Interesse an unserem Überleben ist überwältigend. Aber auch da schleichen sich Zweifel ein. Es wäre doch zwingend gewesen, sich auf eine Krise vorzubereiten. Darauf hat man in der weiteren Vergangenheit, wie auch im Sommer im Wesentlichen verzichtet und lastet den Bürger’inne’n auf, was nicht in ein funktionierendes Gesundheitssystem investiert wurde. Sie sollen jetzt mit dem Befolgen von Verordnungen und Maßnahmen, – Solidarität! – sich verantwortungsvoll zeigen. So dumm sind die Menschen nicht, dass sie diese Schuld- und Verantwortungsverschiebung nicht mindestens spürten. So sieht der Zusammenhalt aus: Das nicht hinterfragen und das tun, was die Obrigkeit verlangt.

Was als Manipulation und als Verratserfahrung auf die Politik zurückfallen könnte, wenn sie denn einmal erkennbar würden, muss unter Kontrolle gebracht werden (Strategiepapier des Innenministeriums). Und zwar unter anderem mit moralischen Apellen einer sich ohnmächtig gebenden Mutter gegenüber ihren uneinsichtigen Kindern. Und Dissident’inn’en gehören ausgegrenzt, ganz so, wie es das Strategiepapier des Innenministeriums vorsieht.

Der Trick der Emotionalisierung

Unsere Bundeskanzlerin kann durch aus anders: Sie kritisiert oder bedauert, »dass wir in einer Zeit leben, in der Fakten mit Emotionen konkurrieren«, dass mit Emotionen »eine Antifaktizität« geschaffen werde. Sie zieht daraus den Schluss:

»wir müssen die Emotionen mit den Fakten versöhnen. Das ist vielleicht die größte gesellschaftliche Aufgabe. Um diese anzugehen, setzt zumindest voraus, dass man miteinander spricht. Die Unversöhnlichkeit und die Sprachlosigkeit, die zum Teil zwischen denen herrschen, die den Klimawandel leugnen, und denen, die ihn sehen und dafür kämpfen, dass wir ihn bewältigen, müssen überwunden werden.«

Wir sehen: es geht gegen Trump.

Nun stellen wir zwischenzeitlich eine »Antifaktizität« und moralisierende Emotionalisierung bei der Kanzlerin selbst, bei der Regierung und den ihnen mehrheitlich folgenden Medien fest. Bei aller Evidenzverliebtheit, die der Kanzlerin und ihren Stäben nachgesagt wird, kommen immer mehr Menschen mit so manchen Daten und Schlussfolgerungen für das alltägliche Leben nicht mehr mit. Die Schludrigkeit im Umgang mit Zahlen und methodischen Grundlagen der Datenerhebung fordert Zweifel geradezu heraus, ebenso wie Fehlanreize für Belegung und Bezahlung von Intensivbetten in einem privatisierten Gesundheitssystem. Die Veranwortung dafür wird aber nun einer Anfälligkeit der Menschen für die Verführungskünste von Verschwörern und Verschwörerinnen zugewiesen.

Ein Test, in dessen Gebrauchsanleitung steht, dass er nicht für diagnostische Zwecke geeignet sei, der nicht ein Virus nachweist, sondern Teile eines Virus aufspüren kann, der vielleicht einmal da war, ein Test, der aufgrund der Methodik der Anwendung (Amplifizierung) zu falsch positiven und wechselnden Ergebnissen neigt, wird zum täglichen Schrecksignal für eine drohende Katastrophe. Wer positiv getestet ist, ist nicht zwangläufig krank – mindestens ebenso gut kann das Gegenteil der Fall sein.

Belegung der Intensivbetten

Eine andere Größe gibt mehr Auskunft über womöglich bevorstehende Belastungen: Die Belegung der Intensivbetten. Sie ähnelt der der vergangenen Jahre. Damit soll nicht gesagt sein, dass es dann ja nicht so schlimm sei. Ich werde auch nicht bezweifeln, dass Ärzte und Pfleger’innen am Limit arbeiten und dass man eine Zuspitzung der Belastungen verhindern müsse. Ich will auch nicht ausschließen, dass ein an Covid erkrankter Mensch mehr Pflege und mehr Personal verlangt als andere Intensivpatient’inn’en.

Wenn es so ist, wie immer, ist es lange nicht gut. Aber es kann nicht angehen, dass wir in derselben Lage, wie in einigen Vorjahren, nun in eine Katastrophe hineingeredet werden. Denn: wie sollen die Menschen, die die Moralpredigten erhalten, es einordnen, dass in den Vorjahren diese Zahlen Normalität waren und jetzt die Katastrophe? Sie werden sich doch fragen: Was hat man uns damals verschwiegen? Oder: Wie glaubwürdig ist das, was wir jetzt hören?

Die Verantwortungsverschiebung

Es kann doch nicht sein, dass die Menschen sich erzählen lassen, sie seien es, die es verbockt hätten (so ungefähr der Bürgermeister einer sächsischen Stadt in der Phönix-Runde am 9.12.2020) und die Katastrophen der Vergangenheit, die sich einer Politik und keiner Naturgewalt verdanken, werden verschwiegen. Hier sind auch die Vertreter’innen der Arzte- und Pflegeberufe gefordert. Verständlicherweise fordern sie zu strengeren Maßnahmen auf, weil sie den Kollaps befürchten. Es würde viel helfen, sie würden erwähnen „so, wie in den vergangenen Jahren auch schon.“ Und: „Wir müssen die Pfeiler unseres Gesundheitssystems von grundauf ändern.“ Tun sie es nicht, werden sie wahrgenommen als Teil jener Politiker’innen, die ihre Glaubwürdigkeit schon seit längerer Zeit einbüßen.

Es zeigt sich, dass die Kommunikation zwischen Regierenden und Bevölkerung nicht funktionieren kann, wenn sie versteckt oder offen, der Kontrolle dient, wenn mit Tricks und Framing unter Ausschaltung der Urteilsfähigkeit mit Nudging und Nahelegungen die Bürger’innen in eine »schöne, neue Welt« (Huxley) hineinprozessiert werden sollen. Übrigens bedeutet Framing im Englischen auch so viel wie Übertölpeln.

Verstummen oder aufrechter Gang?

Der Vorgang ist nicht mehr ganz frisch. In Bayern wurde der Leiter eines Gesundheitsamts versetzt, weil er die Maßnahmen der bayerischen und der BundesRegierung zur Corona-Epidemie kritisierte. Das wurde im bayerischen Rundfunk gemeldet, aber der Vorgang wurde nicht Bestandteil einer Debatte, in der man durch Kontroverse zu einem besseren Verständnis und und zu besseren Lösungen gelangt.

Ausgrenzung und Ausschluss durch Nichtbeachtung und/oder Versetzung wirken. Es werden Exempel statuiert. Wir sind auf dem Weg in ein obrigkeitliches Land. Das ist ein Abschied von Demokratie und Partizipation. Und wir hätten am Ende eine gelenkte Demokratie mit vielen Duckmäusern.
In einem Interview macht Friedrich Pürner klar, worum es ihm geht.

»Konstruktive Kritik zu üben, ist kein Aufstand, und in diesem Bereich bin ich nun mal Experte. Aber ja, ich wusste schon, dass mich diese Kritik meine Karriere kosten kann.«

»Meine Kritik äußere ich auch weiterhin, nicht weil ich bockbeinig oder störrisch wäre, sondern weil ich sie für richtig und wichtig halte. Ich muss nun eben immer dazu sagen, dass ich als Privatmann spreche. Die Fachkompetenz bleibt ja erhalten und klebt nicht am Bürostuhl meines vorherigen Amtes, auch wenn ich mich jetzt nicht mehr tagtäglich mit Positiven und Kontaktpersonenverfolgung beschäftigen muss.«

»Ich gehe davon aus, dass die meisten Statistiken auf einem aufgeblähten Zahlensalat basieren. Je länger die Pandemie dauert, um so aufgeblähter werden die Zahlen. Seit Beginn der Krise plädiere ich für eine eindeutige und nachvollziehbare Zahlendarstellung. Zum einen lege ich Wert auf saubere Statistiken, zum anderen möchte ich, dass sich die Menschen ein realistisches Bild von der Situation machen können. Das ist derzeit nicht der Fall.«

»Im Übrigen weiß man bei den täglich vermeldeten Todeszahlen immer noch nicht, wie viele „an“ und wie viele „mit“ dem SARS-Cov-2-Virus verstorben sind. Das ist nämlich ein gewaltiger Unterschied.«

»Meine Vermutung ist, dass man die Krankheit benutzt, um vom Versagen der Gesundheitspolitik und den rigorosen Sparmaßnahmen abzulenken.«

» Schade ist nur, dass sich wieder niemand mit seinem Namen an die Öffentlichkeit traut und so wie ich Tacheles redet. Aber insgesamt lässt sich schon erkennen, dass die Ämter sich mittlerweile mehr trauen. Solche Berichte wären zu Beginn der Pandemie undenkbar gewesen.«

Man muss befürchten, dass die Politik der Berufsverbote wieder auflebt und sich eine bleierne Schwere über das Land legt. Andererseits gibt es die Möglichkeit, so zu handeln wie Friedrich Pürner. Sprecht, tauscht euch aus, verständigt einander.

Sollen Impfrisiken verschwiegen werden?

An die Impfstoffe, die in den Medien überwiegend als Erlösung von allem Übel beschrieben werden – begleitet von detaillierten Beschreibungen der Antragstellungen und Logistik, so dass jede’r sich als beteiligt und Aktivist fühlen kann – sind höchste Erwartungen geknüpft worden. Allein schon das Tempo, die Verkürzung der Prüfzeiten, die bisher völlig unbekannte Art der Impfung, nämlich der Eingriff ins Genomystem des Menschen, sollten Anlass zu Skepsis sein. Aber die darf es wohl in diesen Zeiten nicht geben. Alles soll sich dem großen Ziel der Erlösung unterordnen. Wie sonst ist es zu erklären, dass allem Anschein nach Ärzte und Apotherkerinnen dazu angehalten werden, die Risiken einer Impfung zu verschweigen? Auf der Webite von corona-transition.org gibt es dazu etwas zu lesen.

Maske und Maskenpflicht zwischen Verbot der Gesichtsverhüllung und Gesundheitsschutz

Manchen gilt die Maske als Demutsgeste und Einverständniserklärung mit der Regierungspolitik (und lehnen sie ab), anderen gilt sie als ein leicht zu nutzendes Mittel, wenigstens „etwas“ gegen die Pandemie tun zu können. Zwischen fraglicher Evidenz, Solidaritätbekundung mit den Gefährdeten und Belastung für Träger’innen tun sich zahlreiche Widersprüche auf. Christof Kuhbandner hat sich mit den Empfehlungen der Regierungen für die Maske, den möglichen Folgen für Träger’innen und den negativen Folgen einer Gesichtsverhüllung, wie Regierungen sie einst formulierten, befasst.

Übrigens befasst sich Christof Kuhbandner (ebenfalls bei Heise.de) in mehreren Artikeln mit den methodischen Unzulänglichkeiten und Schwächen der Datenerhebung zu Corona und ihrer Kommunikation in die Öffentlichkeit befasst. Nützlich für alle, die sich mit Statistik und ihren Methoden befassen (müssen).

Die Entkernung des Solidaritätsbegriffs

Misstrauen als neue Lebensweise?

Dass die Coronamaßnahmen der Politik mit der Art ihrer Begründung – mit der Ausblendung kritischer Stimmen, mit methodischen und methodologischen Unzulänglichkeiten der Datenerhebung, die keiner Reparatur unterzogen werden – die Grundlagen der Republik und unseres Zusammenlebens in Richtung Obrigkeitsstaat und Demokratieabbau verschieben, kann kaum mehr bezweifelt werden. Andererseits – aber auch zu dieser Entwicklung passend – haben es Stimmen schwer, überhaupt Gehör zu finden, die auf die möglichen Folgen dieser Verdrehungen hinweisen.

Angsterzeugung

Eine besonders perfide Strategie scheint jene systematischer Angsterzeugung zu sein, gekoppelt mit Propaganda von Werbefilmchen. Dagegen meldet sich Matthias Rudlof (Institut für ganzheitliche Entwicklung und Bewusstsein) zu Wort. Unter anderem kritisiert er eine neue Normalität der sozialen Distanzierung, der Furcht vor Mitmenschen und vor Krankheiten. Der Solidaritätsbegriff werde seines traditionellen Inhalts beraubt und einem Herrschaftsinteresse einverleibt:

Wahre Solidarität bedeutete in der Geschichte immer das beherzte Engagement von Menschen für Menschen und die Überwindung sozialer Ungleichheit durch Herrschaftskritik. Nun soll Solidarität im Kriegsnarrativ des harten gemeinschaftlichen „Kampfes gegen den Virus“ bedeuten, sich ohne kritischen Widerspruch mit der Weltsicht der Herrschenden und ihren Coronamaßnahmen zu identifizieren.

Psychologinnen und Psychologen für Aufklärung und Evidenzbasiertheit – gegen Manipulation und Propaganda

Kritisch-hinterfragende Haltung

Mit großer Überraschung und Freude habe ich heute über die Nachdenkseiten (hier die Erläuterung) erfahren, dass Psycholog’inn’en aufstehen können. Noch fehlen in der Reihe derjenigen, die sich zusammengeschlossen haben, die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen. Auch wenn der Aufruf und die Veröffentlichung nahelegen, dass es psychotherapeutisch Arbeitende sind, wären die Schulpsycholog’inn’en dort vermutlich nicht „verkehrt“, werden doch auch Kolleg’inn’en der Organisations-, Wirtschafts- und forensischen Psychologie genannt, die an dem Versuch mitarbeiten, Menschenrechtlichkeit und Sachlichkeit in die Corona-Debatte hineinzutragen.

Die Stellungnahme des BDP, die vermutlich den Widerspruch der Kolleg’inn’en auslöste, zeigt bedauerlicherweise eine völlige Übereinstimmung mit den angewendeten Maßnahmen. Wie sollen sich Menschen, die zweifeln, an den Maßnahmen leiden, Vertrauen fassen, wenn sie von ihrem Therapeuten oder ihrer Beraterin lesen oder hören, dass „alles richtig sei“ und es darum gehe,

Normen eindeutig und nachvollziehbar [zu] kommunizieren und so deren Einhaltung [zu] optimieren.

Menschen also zum Objekt eines Erziehungsprozesses werden, in dem sie durch Gelegenheit zur »aktiven Mitwirkung [ihr] Kontrollgefühl steigern« und »dem Ärger über Einschränkungen (Reaktanz) vorbeugen« sollen.

Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP)
Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)
Deutsche Gesellschaft für Psychologie e.V. (DGPs)
Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID)
,

die als Autoren dieses Papiers genannt sind, dienen sich dem vormundschaftlichen Staat an und formieren ihn.

Psycholog’inn’en auf der Seite der Macht

Im Sinne dessen, dass alles so, wie es ist, richtig ist, üben sich die Autoren der Stellungnahme in Weitsicht und Schutz der politischen und sozialen Verhältnisse :

Für die langfristigen psychischen Folgen der COVID-19-Krise ist es daher von äußerster Bedeutung, ob die gegenwärtigen Ereignisse im Nachhinein als kollektive Bewältigungserfahrung und damit als gemeinsames Erfolgserlebnis oder als Misserfolgserlebnis mit Betonung gesellschaftlicher Unterschiede und negativer Erfahrungen im Gedächtnis abgespeichert werden. Im ersteren Fall werden sich die psychischen Folgen in Grenzen halten, in zweiten Fall droht dagegen eine weitere Verschärfung des bereits bestehenden Trends zu stark wachsender Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung aufgrund von Angststörungen und Depressionen.

Die Verbände plädieren für die Organisierung von Erfolgserlebnissen und bieten sich im Framing des großen Ganzen als vernünftiges Bestehendes an. Sie beugen einer möglichen »Betonung gesellschaftlicher Unterschiede und negativer Erfahrungen im Gedächtnis« vor – als ob das eine unzulässige Variante einer Verarbeitung der Krisenfolgen wäre. Man könnte dazu neigen, das für eine Verschwörung einiger psychologischer (Fach?) Verbände halten.

In Sprache und Duktus kommt die Einlassung der Verbände selbst wie eine Verordnung daher: technokratisch, imperativ, militärisch. Die Subjekte der Stellungnahme sind verschleiert. Nicht: Wir stellen Erfolgserlebnisse dar, sondern (unter Maßnahmen): Erfolgserlebnisse darstellen. Da ist für Sprachanalytiker noch viel zu holen.

BDP und andere gekapert?

Klarer und offener haben sich Verbände der Psychologinnen und Psychologen wohl nie auf die Seite der Macht geschlagen – und damit eine Vertrauenskrise heraufbeschworen. Ein Dokument der Zeitgeschichte, würde ich sagen. Wer hat den Autor’inn’en die Hand geführt? Das Innenministerium, das sich mit einem Strategiepapier schon Ende März einschaltete und als wichtiges Steuerungswerkzeug die Angsterzeugung empfahl bzw. die Autor’inn’en, denen das Innenministerium einen Auftrag gab? Ob die Fassung, die mit Datum vom 28.4.2020 im Netz steht, mit der vom März identisch ist, kann ich im Augenblick nicht beurteilen.

In der Tat gibt es zwischen dem Strategiepapier aus dem Innenministerium und dem Verbändepapier Ähnlichkeiten, wie ich finde.

Um so dringlicher und notwendiger die Reaktion der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die aufstehen.

Mächtige Akteure missachten methodische Grundlagen

PISA-Studien immer wieder in der Kritik

Schon als die ersten PISA-Studien zu Beginn der Nuller-Jahre herauskamen, wurde häufiger auf methodische Ungereimtheiten hingewiesen. Das änderte nichts daran, dass die angeblichen oder tatsächlichen katastrophalen Ergebnisse zum Anlass genommen wurden, Schule auf neue Weise zu trimmen. Es scheint so, als habe man eine dem Anschein nach wissenschaftliche und objektive Keule gebraucht, um die Lehrenden und Lernenden in eine neue Richtung zu drängen.

Und so geht es weiter: Schon 2019 erschien diese Kritik auf den Seiten der Gesellschaft für Bildung und Wissen. Offenbar geraten immer wieder und immer mehr Studien, die uns als wissenschaftlich und objektiv vorgestellt werden, in den Strudel der Beförderung einer bestimmten Gesellschaftsvorstellung, die sich ohne scheinwissenschaftliche Untermauerung kaum oder schwieriger umsetzen ließe.

Nicht weniger lässig oder gar manipulativ wird zurzeit mit methodischen Unzulänglichkeiten in der Berichterstattung über das Corona-Virus umgegangen. Dabei werden wir doch immer darauf hingewiesen, dass wir in einer wissensbasierten Gesellschaft leben. Wirklich?

Was sind Wissenschaften wert, wenn sie methodische Basics ignorieren?

Vor noch nicht allzu langer Zeit gingen Wissenschaftler’innen auf die Straße, um auf die Gefahren einer Einschränkung der Wissenschaften durch irrationale Lehren zu warnen. Das hing wohl mit dem Unhold Trump zusammen. Wo bleiben die warnenden Stimmen und Aufrufe angesichts der methodischen Mängel in Untersuchungen, deren wenig validen Ergebnisse für weitreichende politische Entscheidungen verwendet werden?

Bedenkenswert: Wirkungen der Corona-Politik auf Kinder

Schaden und/oder Nutzen

Im alltäglichen Nachrichtenstrom und in einer Politik, die einen Kampf um Leben und Tod ausruft, geht leicht verloren, was wir schon vor Corona wissen konnten, was schon lebensgefährlich war und nun von Corona – aber doch wohl eher seines Managements – in Vergessenheit gerät. Interessant, dass vom RKI schon auf die Folgen einer Schwächung der Immunsysteme hingewiesen wurde.

Immunabwehr stärken

Das wirft auch die Frage auf, warum bei der ganzen angeblichen Bekämpfung des Virus keine Kampagnen gestartet wurden, die sich mit den Möglichkeiten und Notwendigkeiten einer Stärkung unserer Immunsysteme befassen. Da ließe sich doch Vieles sagen und machen, weil schon Vieles bekannt ist. Stattdessen hören wir sehr viel vom Segen einer Impfung.