Digitalisierung ist die neue Globalisierung.
Beide sollen uns die Erlösung von den Übeln bringen. Bis dann wieder die nächste Ernüchterung kommt. Beschönigend wird gelegentlich von Chancen und Risiken gesprochen, um sich „offen“ zu zeigen und verantwortungsbewusst. Tatsächlich aber wird an allen politischen und kommerziellen Schrauben gedreht, um die Gestalt der Digitalisierung durchzusetzen, die wir seit Jahren erfahren und das in wachsender Geschwindigkeit: Bindung an Konzerne, die keiner demokratischen Kontrolle unterliegen, die – vereint mit sogenannt fortschrittlichen und modernen Politikerinnen und Politikern – Menschen als Datenlieferanten betrachten und sie dafür immer umfassender überwachen.
Was in den Verlautbarungen aus Medien, Politik und Wirtschaft, die eher Werbefeldzüge und Propaganda sind, fehlt, sind tatsächliche und vermutliche Auswirkungen auf die digitalisierten Charaktere und auf die Persönlichkeitentwicklung. Davon bekommt man einen (Vor-) Geschmack, wenn man ein neues Buch von Marie-Luise Wolff liest. Hier kann man einen Auszug lesen.
Dazu kommt ein anderer gewissermaßen lebenswichtiger Punkt: Das gemeinsame Entwickeln von Lösungen wird immer schwieriger, da Menschen die Empathie füreinander verlieren. Wenn jedoch immer weniger Menschen noch die Geduld aufbringen, ihren Gesprächspartnern zuzuhören und zu warten, bis sie ausgeredet haben, dann wird ein gemeinsames Leben und Arbeiten an ein Ende kommen.
Danach wird man sich wohl nicht die beschwichtigende Phrase, dass alles seine guten und schlechten Seiten habe, vorsagen können. Eher stehen wir wohl vor der Frage, ob wir uns damit befassen wollen, in welcher Gesellschaft wir leben wollen. In einer kapitalistischen Kommerzgesellschaft wird das, was man früher unter einer humanistisch gebildeten Persönlichkeit verstehen mochte, keine Chance haben. Wo sind die Stimmen der Gewerkschaften und Berufsverbände? Hatten sie sich nicht einmal der Humanisierung verschrieben?