Wem gehört die Beratung?

Schulpsychologie und Beratung für Schule befinden sich in einem ständigen Prozess der Positionsbestimmung, sowohl nach innen und in Bezug auf die beteiligten Professionen, als auch in Hinblick auf das schulische und behördliche, wie auch gesellschaftliche Umfeld. Dazu finden sich hier einige Überlegungen (leicht überarbeite Fassung v. 24.3.2011): Wem gehört die Beratung?

Multiprofessionalität braucht Teamentwicklung

Multiprofessionalität gilt in vielen Aufgabenfeldern als Lösungsweg aus Verkrustungen und überkommenen ständischen Eitelkeiten. Multiprofessionalität soll eine neue Produktivkraft sein. Sie ist Ausweis von Modernität und Fortschritt. Wie auch beim Thema der Interdisziplinarität lohnt es sich jedoch, genauer hinzuschauen. Welche Praxis entwickelt sich im Gewand der Modernität? Schafft sie neue Zugänge zu Lösungen und Entwicklung der Fachlichkeit? Oder ist sie im Machtkampf der Professionen und Personen ein Mittel, um Herrschaft und Einfluss zu sichern, möglicherweise entfernt davon, was Sach- und Fachlichkeit erforderten? Deshalb hier einige Überlegungen zur Multiprofessionalität.
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Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (VI)

Welchen Nutzen kann Beratung haben?

Eine Hilfe bei der Widerspruchs- und Spannungsverarbeitung können Beratungssysteme sein. In der Tat ist institutionalisierte Beratung als Reaktion auf die Unübersichtlichkeit der Moderne entstanden. Sie hat einen aufklärerischen, demokratischen Impuls: Die Subjekte sollen durch Beratung in ihrer Urteilsbildung und Handlungsfähigkeit gestärkt werden, jenseits von Zuschreibungen einer Krankheit oder Störung. Dazu müssen einige Minimalanforderungen erfüllt sein. Die Beratungsinstitution und ihre Mitarbeiter selbst benötigen einen Rahmen, in dem sie theoretisch und praktisch jenseits der Zugehörigkeit zu »ihrem Haus« (im Falle einer Schulberatungsstelle oder einer schulpsychologischen Beratungsstelle beispielsweise zur Schulbehörde; im Falle eines Beratungslehrers zur Schule) unabhängig, allparteilich und neutral sein können. Beratung muss ergebnisoffen sein können, so sehr manchen Entscheider, der doch nur will, dass die Dinge funktionieren, das verdrießen mag. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (VI)“

Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (V)

Widerspruchserfahrung – Bewusstsein – Handeln

Es ist unschwer erkennbar: Die Beschäftigten in Schule und Beratung sind mit zahlreichen Widersprüchen konfrontiert. Eigene wie auch von außen gestellte Ansprüche laufen dauernd Gefahr, verfehlt zu werden. Wie verarbeiten sie diese Dissonanz und welche Folgen hat das? Nur in den seltensten Fällen sind solche Dissonanzen Anlass zu kollegialer, gemeinsamer Klärung und zur Bearbeitung über Verantwortungsebenen hinweg. Die Verarbeitung geschieht in der Regel isoliert, privatisiert. Lösungen können gelingen, aber auch in Überforderung und Verzweiflung münden. Oder in kräftezehrender oberflächlicher Anpassung – mit neuen Risiken. Unterricht und Erziehung sind auf gefestigte, rollensichere, glaubwürdige Persönlichkeiten mit der Fähigkeit zu Einfühlung und Beziehung angewiesen. Rollensicherheit und Glaubwürdigkeit sind allerdings in Gefahr, wenn unaufgelöste Widersprüche (und Ängste) durch die schulischen Systeme flottieren. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (V)“

Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (IV)

Widersprüche ohne Verarbeitung

Die Beschäftigten sollen zwar einerseits loyal, dauerhaft und zuverlässig Ziele verfolgen, kein Kind zurücklassen, deren individuellen Fähigkeiten, Lebenslagen und Notwendigkeiten nachgehen, mit internen und externen Personen und Systemen kooperieren. Gleichzeitig aber sollen sie sich den von außen gesetzten Veränderungen (Verkürzung der Schulzeit, Kopfnoten und ihre Rücknahme, Verlängerung von Arbeitszeiten, erweiterte Aufgaben) klaglos anpassen und in der Lage sein, sich von »alten« Aufgabe zu verabschieden. So sind sie nicht selten gezwungen, das eine oder das andere zu ignorieren und individuelle Auswege zu suchen, um mit inneren Konflikten fertig zu werden. Die selbstgestellten, wie auch die fremdgestellten Ansprüche können oft nicht in die neuen Forderungskataloge eingearbeitet werden. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (IV)“

Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (III)

Aufgabe der Schule

Schule hat die Aufgabe, aus dem Nachwuchs nützliche Mitglieder der Gesellschaft zu machen und den Arbeitskräftebedarf zu befriedigen. Aber nach welchen Prinzipien ist diese Gesellschaft konstruiert, nach welchen Prinzipien funktioniert sie – woraus sich dann ableitet, wie ein nützliches Mitglied der Gesellschaft beschaffen sein soll?

Antworten könnten so lauten: Schule führt in das Wirtschaftssystem ein, gewöhnt an das Konkurrenzdenken, sie objektiviert Bildungskarrieren, Zertifizierungen, Zugehörigkeiten und Ausschlüsse als gerecht und transparent. Sie schafft Ordnung und sie zeigt: Unter vorgegebenen und zu befolgenden Regeln und Verfahren ist Schule eine Möglichkeit der Teilhabe an der Gesellschaft. Schule ist Spiegel und Spielplatz der Gesellschaft und ihrer Werte. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (III)“

Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (II)

Individualisierungskonzepte – Wege zur Emanzpation?

Ein weiteres Thema der Schule und der Beratungseinrichtungen sind Strategien der Individualisierung. Sie erscheint in den Konzepten »neuen« Lehrens und Lernens als Königsweg des Lehrerhandelns und die Berater sehen Möglichkeiten, mit ihrem auf das Individuum gerichteten Blick einen höheren Stellenwert zu gewinnen.

Allerdings: Individualisierungskonzepte sind nicht automatisch das Programm für Persönlichkeitsentwicklung. In der Regel scheint gemeint zu sein, Schüler und Schülerinnen mit unterschiedlichen Lernständen jeweils differenziert zu fordern und zu fördern. Weniger ist gemeint, die spezifische Emotionalität und Identität, einer Schülerin oder eines Schülers, wie sie sich aus der Lebens- und Familiengeschichte entwickeln, in das Lernen einzubeziehen, gegebenenfalls mit externen Experten.

Gleichermaßen ließe sich daran denken, stärker die persönlichen Vorerfahrungen der Lehrkräfte für die Art der Beziehungsgestaltung zu den Schülern und Schülerinnen und für den Schulentwicklungsprozess zu berücksichtigen. Psychologische (und anders basierte) Reflexion in Teams von Lehrern und Lehrerinnen böten Ansätze, Gruppen- und Psychodynamiken in Lerngruppen zu entschlüsseln und dem Begriff der Individualisierung weitere Varianten hinzuzufügen. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden (II)“

Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden

Schule und Beratungssysteme zwischen Selbst- und Fremdbestimmung

Voll die Verantwortung – eingeschränkt die Gestaltungsmöglichkeiten

Die Wirklichkeit der Schule und – weniger im Blick der Öffentlichkeit – der Beratung in und für Schule ist von Widersprüchen gekennzeichnet, die die Betroffenen und Beteiligten sich fragen lassen, ob sie eigenen und fremden Ansprüchen an die Fachlichkeit ihres Tuns genügen können. Und das, wo doch Kommentierungen der regelmäßig auf den Markt der Skandalisierung und politischen Instrumentalisierung geworfenen Untersuchungen (PISA a bis z) Glauben machen, nun solle doch endlich allen Beteiligten klar sein, dass die Reform zu beginnen habe. Schließlich ist mittlerweile im zehnten Jahr der Stillstand konstatiert.

Stattdessen erleben die Praktiker und Praktikerinnen, wie sie mit hohem Einsatz, Fortbildungsengagement etc. an die Grenzen ihrer Möglichkeiten kommen, andererseits aber wachsende Teile der Kinder und Jugendlichen Schule nicht als einen Ort erleben, an dem sie sich entwickeln können. Weiterlesen „Wie modernes Verwaltungshandeln und unverarbeitete Widersprüche Fachlichkeit gefährden“

Open Acces fördert Debatte und Qualität / Was ist Beratung?

Die Neue Gesellschaft für Psychologie und ihre Zeitschrift „Journal für Psychologie“ beteiligen sich an dem Projekt des freien Zugangs zu Fachartikeln

Damit wird es leicht, sich zu informieren und wichtige Artikel unkompliziert zur Verfügung zu haben. So sind beispielsweise mehrere anregende Aufsätze zum Thema »Beratung« in der Ausgabe 1 / 2009 zu lesen.

Immerhin ist der Beratungsbegriff – auch in der Schulpsychologie und in der Schulberatung – vielfältig bis diffus und keineswegs vor dem Missverständnis geschützt, dass doch jeder Mensch beraten könne. Und zudem kommt es immer wieder vor, dass Institutionen mit Beratungsauftrag für bestimmte Zwecke instrumentalisiert werden. Dass damit Prinzipien wie Freiwilligkeit, Allparteilichkeit, Ergebnisoffenheit verletzt werden und die Vertrauensbasis – ein anderes zentrales Beratungsprinzip – riskiert werden, geht nicht selten auch den Experten durch. Eine Vergewisserung der Berufsgrundlagen kann da nur guttun.

Hier ein Auszug eines Aufsatzes, den ich für lesenswert halte: Weiterlesen „Open Acces fördert Debatte und Qualität / Was ist Beratung?“