Oh, du sonder-/wunderbare Statistik

Die meisten Menschen, die sich für Psychologie und angrenzende Themen interessieren, tun das vermutlich nicht wegen statistischer Fragen

Andererseits: Statistik kann Leben und Verstand retten.

Dazu hier auf die Schnelle ein paar Hinweise:

Inzidenzzahlen in einem Artikel von Jens Berger. Und Leserantworten, die teilweise wichtige Ergänzungen liefern.

In der immer wieder angefachten Hysterie gehen beruhigende oder sachliche Standpunkte unter, wie zum Beispiel diese hier von Gerd Gigerenzer. Hier, oder hier, oder hier.

Landesverband Schulpsychologie NRW und Kinderschutzbund mit gemeinsamer Stellungnahme

Mit ihren Bedürfnissen und Interessen, Sorgen und Nöten und mit ihren Sichtweisen kommen Kinder und Jugendliche im aktuellen Pandemiemanagement nicht vor. Das kritisieren der Landesverband Schulpsychologie NRW und der Landesverband NRW des Kinderschutzbundes in einem gemeinsamen Positionspapier.

Nachdenken über Medien

«Die Zeitungsspalten sind öffentliche Informationsträger. Wenn diejenigen, die sie kontrollieren, sich das Recht herausnehmen, zu bestimmen, was zu welchem Zweck berichtet werden soll, dann kommt der demokratische Prozess zum Erliegen (…) Denn die Zeitung ist im wahrsten Sinne des Wortes die Bibel der Demokratie, das Buch, aus dem heraus ein Volk sein Handeln bestimmt.»

Wenn Menschen nicht mehr wagen, öffentlich ihre Meinung zu äussern, weil sie Angst haben, von der «Öffentlichen Meinung» abzuweichen, dann ist etwas faul an unserer Demokratie. Wenn das Denken «von Panik verkümmert» sei, so formulierte Walter Lippmann, dann hätten die Menschen auch Angst vor Ideen.

Quelle: Infosperber

Alles ist möglich

Ich höre von Bekannten und erlebe es in meinem etwas kleiner gewordenen Lebenskreis selbst, dass man nicht selten von Belehrungen, gut gemeinten Erinnerungen zu korrektem Benehmen in Corona-Zeiten angehalten wird. Diejenigen, die sie aussprechen wirken nicht selten autoritär, gereizt und so, als habe man in nicht allzu ferner Zukunft eine schwere Explosion zu gewärtigen. Ich will damit sagen: Man bekommt signalisiert, dass man mit dem äußersten rechnen sollte: Abbruch der Beziehung, Exkommunikation. Man möchte spontan dagegenhalten, maulen und meckern. Immerhin gilt es besonnen zu bleiben, obwohl doch die Bekannten und Kolleg’inn’en, manchmal gar Freunde, sich mit Ungereimtheiten der Datenlage, mit einer Aussetzung der Grundrechte einverstanden erklären. – Etc.

Man ist ja gleich weg und hat nicht vor, 15 Minuten an einem ungastlichen Ort zu bleiben. Die Entfernung ist doch mindestens doppelt so groß, wie die angeratenen 1,50 Meter. Und dass man mir auf einem Bürgersteig, wo man in Bruchteilen von Sekunden aneinander vorbei ist, mit einem ostentativen Sprung ausweicht, ist doch nicht nur übertrieben, sondern auch beschämend. Was soll das? Da will mir jemand etwas zeigen. Dieser Jemand hat mir etwas voraus. Ganz bestimmt die regierungsamtliche Vernunft. Diese Aufpasser’innen fühlen sich im Aufwind. Sie wissen das, sonst würden sie sich nicht so selbtgewiss aufführen. sie haben wohl eine neue Partei gegründet, eine Partei der Ordnungsrufer’innen, die aufdringlich sein dürfen. Man möchte rebellieren angesichts solcher Anmaßungen. Und dabei womöglich noch in dieselbe Haltung verfallen. Ich lasse es lieber und beschäftige mich mit der Frage: Was ist hier los?


Vielleicht sind diese Erwachsenen doch nicht so erwachsen, wie sie scheinen? Was legt Corona – Nein. nicht Corona – sondern: was legen die Kommunikationspolitik und Verordnungen der Regierungen da von meinen Mitmenschen frei? So hatte ich so noch nicht gesehen. Ist da eine tiefe, große Lebensangst, die sie mit Hilfe ihrer Klugheit, mit Hilfe all dessen, was sie gelernt haben und mit ihrer Fertigkeit, sich anpassen zu können, verborgen haben? Zwar immer noch verkleidet aber doch erkennbar, soll es vorkommen, dass Kolleg’inn’en die Systemrelevanz ihrer Arbeit entdecken und vorfühlen, ob es nicht eine Gelegenheit gebe, sich in der Impfschlange nach vorn zu pfuschen. Ob die das im Supermarkt auch so machen? Nun gut. Andere wieder schämen sich für solche Kolleg’inn’en, fremdschämen genannt.

Weiterlesen „Alles ist möglich“

Testen, Testen, Testen

Irgendwie die Welt besser machen, dürfte sich die Mutter gesagt haben, die der Zeit den Impuls gab, zu recherchieren, was es braucht, wenn man in Kindergärten oder Schule mehr testen will. Mit mehr Testen, Testen, Testen (so auch wieder in der Sendung von Markus Lanz am 24.3.2021) könne man in die Normalität zurückkehren.
Ich wil nicht grundsätzlich ausschließen, dass in bestimmten Konstellationen Testen sinnvoll sein kann. Sind solche Konstellationen und Voraussetzungen gegeben? Zweifel sind angebracht. So ist immer noch der Tatbestand öffentlich undiskutiert, ob sich Maßnahmen auf einen Test berufen sollten, der keine Erkrankungen misst. Ein weiteres Manko ist, dass die Aussagekraft der so genannten Inzidenzzahlen ebenfalls infrage steht.


Dazu im Gegensatz steht, dass das rituelle Testen uns eine Rückkehr in die Normalität verschaffen könnte. Diese Aussicht scheint verlockend – ein Nasenabstrich und alles wird gut. In dieser Sicht ist es nicht überraschend, dass es Elterninitiativen gibt, die Behörden dabei behilflich sein wollen, schneller und häufiger zu testen. Vermutlich versteht man das als Humanisierung einer trägen Bürokratie. Die Überzeugtheit, moralisch auf der richtigen Seite zu stehen und zu den Guten zu gehören, beschwingt den Einsatz. Wenn nur alle dächten und täten wie „ich“, wäre die Welt doch ganz einfach eine bessere. Wo also liegt das Problem?


Vielleicht schon dort, wo man das Testen als eine Kleinigkeit betrachtet, die keinen Unterschied mache. Vielleicht aber auch dort, wo man sich implzit oder explizit von der großen Bedrohungserzählung infizieren lässt, die an die zu testenden Kinder weitergereicht wird. Sie sind dann ebenfalls verängstigt, was die einen als Hinführung zu Achtsamkeit verstehen mögen, aber andererseits auch zu einer Hypersensibilisierung für ein Problem beiträgt, das es geben mag, aber nicht eine Aufblähung mit Angst und Panik verdient hat. Vielleicht dort, wo man in der Absicht Gutes zu tun, einer neuen Normalität des industriellen Impfens und (Aus-) Sortierens den Weg ebnet und einen neuen Lebensstil der Kontrolle und Überwachung kreiert.

Weiterlesen „Testen, Testen, Testen“

Tiefenwirkungen von Testen, Impfen etc.

Der hier verlinkte Artikel stellt eine Ebene von Corona in den Vordergrund, die in aller Regel keine Beachtung findet. Insofern muten manche Inhalte zunächst überraschend oder gar schräg an – was sie aber nicht sind. Vielmehr geht der Autor Michael Ley Aspekten nach, die viele von uns vielleicht schon einmal selbst in einem Anflug des Aufmerkens „dachten“ (was geschieht hier eigentlich gerade?) , dann aber im rationalen (?) Lebensbewältigungsprozess wieder „vergaßen“ – zumal die „anderen“ und die Medien davon ebenfalls keine Notiz nahmen. Die Beiläufigkeit von Wirkungen ist aber noch kein Beleg für ihre Folgenlosigkeit.


So erklären „wir“ uns bereit, Schmerzen in Kauf zu nehmen, Opfer zu bringen, wenn wir uns einem PCR-Test unterziehen. Wir lassen Eingriffe zu, die wir „normalerweise“ ablehnen. Ley stellt Verbindungen her zu Ritualen, die Novizentum beinhalten und Zugehörigkeiten zu Gemeinschaften durch Initiationsriten besiegeln, eine Verpflichtung auf ein Lebensbild der Gesellschaft verkörpern. Wer will, kann hier Verbindungen zur Biopolitik herstellen und zu Interessen, neue Regulierungsprozeduren zu etablieren, nachdem in vielen Gesellschaften und weltweit „Grenzenlosigkeiten“ die bekannten Kontrollkonzepte schon vor Corona infrage stellten. Wenn hier jemand neu regulieren will, hat er und hat sie eigene Interessen, die sich umso besser durchsetzen lassen dürften, wenn von bisher üblichen Regeln wissenschaftlich-rationaler und dialogischer Gestaltung, die der Aufklärung entstammen, Abstand genommen wird.


Das lässt sich nicht einfach von der Hand weisen. Beispielsweise gibt es nach einem Jahr noch immer keine repräsentativen Untersuchungen über den Grad der Virusverbreitung in der Bevölkerung. Hier werden wir zielstrebig in Unwissenheit gehalten.

Ohne Methodenkompetenz per Blindflug im Einsatz für unsere Gesundheit?

Wie vertrauenswürdig ist das denn?

Die Eingriffe der Regierungen und Verwaltungen im Namen unseres Wohlergehens sind drastisch. Sie sollten deshalb auf wissenschaftlich-rationale Weise nachvollziehbar sein. Vielleicht so, wie bei einer Diplom- oder Magisterarbeit. Man mag es vielleicht nicht glauben. Aber so ist es tatsächlich nicht.

Da bei aller Datenflut keine repräsentativen Stichproben definiert werden, Gesamtzahlen der Testungen nicht erhoben werden bzw. nur unsystematisch, wird das reale Infektionsgeschehen nicht abgebildet – aber Einschränkungen der Grundrechte vollzogen! Das ist ja so, als würde bei Meinungsumfragen für Wahlen nicht auf die Abbildung der Gesamtbevölkerung geachtet, als würden in irgendwelchen Landstrichen und Städten Menschen befragt, wie man sie gerade vorfindet und man würde daraus ein Prognose erschaffen.

Was ist das für eine Krise, die wir gerade zweifellos durchlaufen?

Ausführlicher zur schwächelnden Datenkompetenz hier weiterlesen.

Schluss mit der Methodenkritik – keine Störung, bitte

Ein beängstigendes Programm der Verdrängung im DLF und anderswo

Im Deutschlandfunk lief vor ein paar Tagen in der Bildungsreihe »Campus und Karriere« ein Bericht, der dem Anschein nach wissenschaftlicher Redlichkeit gewidmet war – tatsächlich aber wissenschaftliche Auseinandersetzung hintertreibt und Denunziantentum fördert.

Schon in der Überschrift war das angezielte Ergebnis zu lesen: »Wissenschaftler, die Corona leugnen«. Das unausgesprochene Ziel, vermutlich: Abweichungen vom Mainstream „unmöglich“ machen. Hilfsmittel unter anderem: Die Verwerflichkeit des einen (Holocaust-Leugnung) mit dem anderen (Kritik methodischer Schwächen) verknüpfen. Und schon stehen unliebsame Thesen in der Zone des Bösen.

Doch haben wir es bei Christof Kuhbandner mit einem Corona-Leugner zu tun? Zumindest findet sich im Sendemanuskript darauf kein Hinweis. Weder gibt es eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Psychologie-Professor, geschweige denn werden seine Leistungen bei der Aufklärung über das Geschehen um das Virus dargestellt.
Man greift stattdessen auf die Auffassung einer Psychologie-Studentin und auf ihre Erschütterung zurück. Die Studentin wird folgendermaßen zitiert:

„Professor Kuhbandner hat in seinem Seminar einen Zusammenhang hergestellt zwischen dem Milgram-Experiment einerseits und der Durchsetzung der Corona-Maßnahmen in Schulen durch Lehrerinnen und Lehrer andererseits. Die ausführenden Personen wären hier die indoktrinierten Lehrerinnen und Lehrer, die auf Anweisung von oben die Maskenpflicht und das Abstandhalten bei den Schülerinnen und Schülern durchsetzen, obwohl diese erheblich darunter leiden.“

Das Milgrim-Experiment zeigt die Beeinflussbarkeit und Korrumpierkeit von Menschen, die sich selbst als human orientiert erleben – aber unter autoritärer und reputierter Belehrung und Ermahnung bereit sind, Menschen Schmerz und Schaden zufügen. Vertrauen in die Mächtigen, Abhängigkeit von ihnen, Unterwerfung unter sie bilden das Material, unter dem eine humanistische Absicht zerbricht. Es reicht die Erklärung, Schmerz und Schaden würden helfen und seien zum Besten des Probanden. Ein etwaiger Abwägungsprozess (soll ich die Leidenssignale ernst nehmen und mich mäßigen oder soll ich den Empfehlungen der Macht folgen?) – geht leicht zugunsten und im Sinn der Macht aus.

Warum also sollten die Lehrer’innen nicht in einen solchen Konflikt geraten? Sind sie nicht in einer Lage der bezweifelbaren Ĭnformiertheit und unvermeidlichen Abhängigkeit? Immerhin gehört es spätestens seit dem sog. Strategiepapier aus dem Innenministerium zu den Durchsetzungsmitteln, Schocks zu verbreiten und Angst zu machen. Psychologie-Student’inn’en und der Deutschlandfunk sollten sich der Gefahren der Macht und des Terrors bewusst sein. Die Möglichkeit eines Dilemmas und einer Zwangssituation für die eigene Moral sollten sie nicht ausschließen.

Der Bayern-Korrespondent des DLF recherchiert nicht selbst weiter, er lässt die Psychologie-Studentin sprechen: Kuhbandner verharmlose Corona. Ein Vorwurf: Er habe »unwissenschaftliche« und »dubiose Quellen« benutzt. Und dann – Majestätsbeleidigung? – der Professor habe »die Hausaufgabe gestellt, methodische Fehler in einer Corona-Studie des Virologen Christian Drosten zu finden.« In der Aufdeckung und Bewertung von methodischen (ggf. auch unvermeidlichen) Schwächen fängt der verantwortungsvolle Reflexionsprozess doch gerade an! Was spricht dagegen? Immerhin gab es einen Antrag auf Rückzug einer Studie von (u.a.) Christian Drosten bei Eurosurveillance, einem Wissenschaftsportal, dem auch Christian Drosten in hervorgehobener Position angehört. Der Antrag schien mir gut begründet, zumindest inhaltlich beachtenswert. Zwischenzeitlich hat Eurosurveillance den Antrag zurückgewiesen. [eine Übersetzung hier] Wie gut begründet und der Wissenschaft dienlich das ist, steht auf einem anderen Blatt. Ein Geschmäckle bleibt, zumal auf Dringlichkeit hingewiesen wird, die im Januar 2020 bestanden haben mag. Damit ist die Methodenkritik aber wohl nicht zu Ende. Den Antrag auf Rücknahme unterstützen inzwischen noch weit mehr Wissenschaftler. Ein Problem gibt es jetzt für die Leserin, den Leser. Die Quellen gehören wohl zu jenen, die der Deutschlandunk durch die Studentin als »dubios« etc. bezeichnen lässt. Darf man da noch draufklicken oder nicht?

Im Bericht wird Herrn Kuhbandner vorgeworfen, dass er aus seiner Ablehnung von Maskenpflicht und Abstandsgebot kein Hehl mache. Warum sollte er es nicht, wenn er den Schlussfolgerungen seiner eigenen intensiven Befassung mit den methodischen Schwachpunkten diverser Untersuchungen folgt? Die methodischen Mängel, die Kuhbandner moniert, wurden, so weit mir bekannt, nicht aus dem Weg geräumt.

Man kann es doch auch mal so sehen. Der Vorwurf der Verharmlosung nutzt schon die nicht ohne Angstmache und Manipulation zustande gekommene gängige Meinung der außergewöhnlichen Gefährlichkeit des Virus. Zumindest ist sie umstritten. Wer „verharmlost“ ist von Anfang an im Unrecht und kein Partner. Wer den Vorwurf benutzt, lässt schon das Messer blitzen und blickt auf zur Verfügung stehende Machtmittel.
Wer sich einmal eine Befassung mit Kuhbandners Thesen gönnt – selbstverständlich geschieht das in der Sendung nicht – wird nicht umhinkönnen, sich zu wundern, auf welch wackeligen Grundlagen die verstörenden Einschnitte in unser Leben beruhen. Methodische Einwände gegen Untersuchungsdesigns gibt es übrigens auch von anderer Seite: Antes, Bosbach, Gigerenzer.


Der Bericht stellt indirekt als Leitlinie und Erwartung auf, sich an eine »überwältigende Mehrzahl von Wissenschaftlern«, die das anders sehe, zu halten. Das RKI wird einer Kritisierbarkeit entzogen, wenn auf den angeblich guten Ruf des RKI weltweit verwiesen wird. Kritik sollte immer möglich sein. Stattdessen aber wird das RKI gegen Kritik abgeschirmt.


»Kuhbandner zweifelt auch daran, dass Corona in Deutschland eine Übersterblichkeit verursacht habe. Er beruft sich dabei auf eine Münchner Studie, die zeige, ″dass hier, wenn man Bevölkerungswachstum und die Verschiebung der Alterspyramide einrechnet – wie man es machen muss –, dass dann tatsächlich keine Übersterblichkeit im Jahr 2020 zu beobachten war.“«

Käme dem Deutschlandfunk das Ergebnis zu pass, hätten wir sicherlich erfahren, dass sie von der Universität München kam.


So wahr die Sache selbst ist, so sehr wird derjenige, der sie kommuniziert durch den Kontext und Tonfall in die Abseitigkeit gerückt: Wie kann er es wagen, zu zweifeln? Übrigens kommen vom Statistischen Bundesamt ähnliche Aussagen bzgl. einer fehlenden Übersterblichkeit.


Fazit: Es geht gar nicht um Klärung und Aufklärung, sondern darum, aus Zitaten einer Studentin – denunziert sie? – ein schon vorgefertigtes Gebäude zu montieren. Es wird Front gemacht gegen Andersdenkende. Die Auseinandersetzung mit ihnen wird gemieden. Aufklärung? Wissenschaft? Propaganda?