Bescheidenheit empfehlenswert

Fehlschläge von Prognosen legen nahe, dass Untersuchungen nicht das messen, was wir zu messen meinen

Wissenschaftlich unterfüttert wird solcherlei Expertenskepsis von dem amerikanischen Psychologen Philip Tetlock, der über 20 Jahre hinweg 28.000 Prognosen von fast 300 Experten aus Politik, Wirtschaft und Militär auswertete und dabei zu dem Ergebnis kam, dass Spezialisten keine besseren Voraussagen treffen als gutinformierte Laien. Es spielte dabei auch keine Rolle, ob ein Experte einen Doktortitel hatte oder nur das Vordiplom. Und schlimmer noch: Die Experten schätzten ihre Prognosen auch noch besser ein, als sie tatsächlich waren.

Hier eine Sammlung weiterer Irrtümer

Kritische /kritische Psychologie – es gibt sie noch

„Bandenbildung“

ist eine der Empfehlungen eines Kongressbandes („Perspektiven kritischer Psychologie und qualitativer Forschung. Zur Unberechenbarkeit des Subjekts“).

Aber es geht auch weniger abenteuerlich und rabaukig zu. Dafür um so mehr tiefschürfend, analytisch und die Entwicklungslinien der Psychologie herausarbeitend. Eine große Hilfe, falls Psycholog/inn/en die Absicht haben sollten, sich im Verwertungskampf in und mit Institutionen zu positionieren. Und über Geschichte und Perspektive sollten wir doch einen gewissen Überblick haben, oder?

Erfreulicherweise ist die Leseprobe so ausführlich, dass man aus ihr schon einiges erfahren kann.

Gewalt und Verachtung − gängige Mittel der Durchsetzung

Wenn die Politik sich überrascht von der Gewalt gibt, ist das ein Täuschungsmanöver. Wer wollte, konnte es besser wissen

Ein Interview mit Wilhelm Heitmeyer zeigt das

Wir haben auch auf das Phänomen einer „rohen Bürgerlichkeit“ hingewiesen, weil wir feststellten, dass sich hinter der glatten Fassade wohlgesetzter Worte oft ein Jargon der Verachtung verbirgt. In neuerer Zeit zeigt sich auch die Tendenz, Menschengruppen nach Kriterien der Effizienz, Verwertbarkeit und Nützlichkeit zu bewerten. Das sind Gesichtspunkte, die in der kapitalistischen Wirtschaft funktional sind. Das Fatale ist, dass sich diese Maxime in die sozialen Lebenswelten hineingefressen haben. Es ist eine der verhängnisvollsten Entwicklungen der letzten Jahren. Der Kapitalismus ist übergriffig geworden.

Was meinen Sie, wenn Sie von Integration sprechen?

In unserem Verständnis geht es erstens darum, ob jemand Zugang zu den Funktionssystemen wie z. B. Arbeit hat und dadurch Anerkennung erwerben und genießen kann. Zweitens stellt sich die Frage, ob man als Einzelner oder als Gruppe bei öffentlichen Angelegenheiten eine Stimme hat und wahrgenommen wird, denn dadurch entsteht moralische Anerkennung als Bürger. Drittens geht es um die Anerkennung der individuellen Integrität und die der eigenen Gruppe, um dadurch emotionale Anerkennung und Zugehörigkeit zum Gemeinwesen zu entwickeln.

Auch viele der sogenannten seit Generationen hier lebenden Deutschen sind nicht integriert, insbesondere was die Anerkennungsgefühle und –erfahrungen angeht.

Der Vormarsch pharmakologischer Verhaltenssteuerung − kein Problem?

Götz Eisenberg konstatiert einen »pharmakologischen Seelenmord«

In der Bildung und in den Berufsverbänden der Psychologinnen und Berater spielt die pharmakalogisch und medizinisch fundierte Verhaltensoptimierung keine Rolle. Diese Form der »Optimierung«  bricht jedoch mit allem, was Bildung und Berufsverbände als Ziel und Zweck von Schule beschreiben. Dennoch halten sich Kritik und Verurteilung in engen Grenzen, sowohl von staatlicher Seite als auch von der Seite der Professionen.

Eltern beschreiten den Weg zu Arzt und Apotheker auch deswegen, weil sie sich selbst an den Modus der pharmakologischen Moderation von Konflikten gewöhnt haben und bei jeder Gelegenheit irgendein Medikament einnehmen. Das als „Unternehmer seiner selbst“ konzipierte Subjekt muss bei Strafe des Untergangs lernen, sein als Störfaktor auftretendes Seelenleben mittels Drogen und Medikamenten zu regulieren und auf Vordermann zu bringen.

Sind die Verstrickung und Verwobenheit, vielleicht auch die mehr oder weniger geahnte Komplizenschaft der Institutionen und Menschen größer als wir wahrhaben wollen? Können wir den »pharmakologischen Seelenmord« hinnehmen, obwohl die vermeintliche Optimierung doch tief in die Körper und Persönlichkeiten eingreift?

Götz Eisenberg breitet unterschiedliche Facetten des Themas aus und regt an, die eigenen und gesellschaftlichen Werte / Leitlinien des Unterrichtens und Beratens zu hinterfragen

 

 

„Maulkorb von der Stadt“

Schule der Öffentlichkeit entziehen – wie demokratisch ist das denn?

Die GEW-Hamburg hatte einen Plan. Sie wollte unter Teilnahme von Lehrern, Eltern und Schülern den Stand der Dinge in Sachen Inklusion vor dem Rathaus öffentlich machen. Die Schule in den öffentlichen Raum tragen. Das kann man nachvollziehen – ist doch die Ausstattung  dieser Reform (fraglich, ob es eine Reform zum Besseren ist) umstritten. Ebenso umstritten ist, welches Verständnis von Inklusion die Behörde hat. Und schließlich geht Schule alle an – oder?

So viel Öffentlichkeit ging der Behörde zu weit, obwohl doch bei dem Projekttag auch davon die Rede sein sollte, was alles schon erreicht worden sei. Sie verbot diesen Projekttag. Der Pressesprecher der Behörde sagte laut taz, Schulen dürften selbstverständlich Projekttage durchführen, nur sich eben nicht „politisch betätigen“.

Im Newsletter der Behörde vom 7.10 – ansonsten nicht verlegen um pr-geübtes Preisen der Schulpoltik – war von der Sache nichts zu lesen.

Dank der taz darf man erfahren, was Teil der Kritik sein könnte

Weiterlesen „„Maulkorb von der Stadt““

Vermögensabbau durch Verfall von Schulen

 

Lehrern, Schulpsychologinnen und anderen Berufsgruppen werden ständig Verbesserungen abverlangt. Nicht selten haben sie die Strategie der Optimierung – um in fragwürdigen Kontrollsystemen zu glänzen oder nicht dumm aufzufallen – übernommen. Um sie herum verfallen dabei zahlreiche Voraussetzungen für gelingendes Lehren und Lernen. Dazu gehören funktionierende Gebäude, eine Architektur, die selbständigem Lernen und dem Arbeiten in kleinen Gruppen und Teams gerecht wird.

Es ist die gewollte Politik der angeblich so segensreichen »schwarzen Null« (schönfärberisch auch Sparen genannt), die auf seiten der Kommunen diesen den Verfall der Infrastruktur abverlangt die . Bund und Länder betreiben so einen systematischen Abbau öffentlichen Vermögens, unter anderem eben auch bei der Bildung, wenn man sie noch so nennen mag.

Wie öffentliche Schulen zielstrebig zu Schulen der Wirtschaft werden

Immer weniger stehen Schülerin und Schüler im Mittelpunkt der sogenannten Bildung. Die Orientierung der Lehrpläne an singulären Kompetenzen und die Vernachlässigung des Nachdenkens über Zusammenhänge, Interessen und emanzipatorische Aufgaben von Bildung schreiten voran.

In einem längeren Artikel führt Magda von Garrel das auf den Nachdenkseiten aus.

Wenn eine Mehrheit der Leiter von Stadtteilschulen in Sorge ist,

sorgt das den Senator Ties Rabe nicht. Sein Lösungsvorschlag: Die Schulleiter sollten ihre Arbeit tun

Vor den Sommerferien veröffentlichten 51 von 59 Schulleitern einen Brief, in dem sie davor warnten, die Stadtteilschulen könnten scheitern.

Hier der Bericht der Welt und hier ein Interview in der Zeit.

Hier eine karge Pressemitteilung, von der man nicht genau weiß, ob sie sich auf die Angelegenheit bezieht.

Nach den Ferien kam die GEW-Vorsitzende Anja Bensinger-Stolze zu Wort.

Man darf vermuten, dass die Schulleiter es sich mit ihrer Wortmeldung nicht leicht gemacht haben. Der Senator ist bekannt dafür, dass er mit Kritikern rabiat umgehen kann. Beteiligung und Fachwissen der Praktiker einzubeziehen, ist seine Sache nicht. Noch dazu, wenn sie sich seinen Großplanungen und seiner Tonnenideologie („Graf Zahl“) nicht beugen.